Abt liess sich erpressen: Klosterkasse geplündert Montag, 8. Mai 2000 / 17:06 Uhr
Überlingen D - Der 62-jährige ehemalige Abt des Klosters
Birnau bei Überlingen am Bodensee ist wegen Veruntreuung zu einem
Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte 1999
mit 563 000 Mark (etwa 450 000 Fr.) aus der Klosterkasse eine
Erpresserin bezahlt.
Die Erpresserin hatte im Frühjahr vergangenen Jahres mit der
Preisgabe intimer Details über den Kirchenmann gedroht, der sich
selbst anzeigte. Unklar blieb bis zuletzt, worin die Drohung
inhaltlich bestand: Sowohl die Erpresserin als auch der Prior
schwiegen dazu vor den ermittelnden Behörden.
Laut Konstanzer Staatsanwaltschaft soll der Prior wegen einer
«angebliche sexuellen Verfehlung» erpresst worden sein. Allerdings
habe sich nicht klären lassen, was genau der Prior getan habe,
deshalb - so Arno Hornstein von der Staatsanwaltschaft Konstanz -
habe der Kirchenmann auch nicht belangt werden können.
Ohne öffentliche Verhandlung
Der Anwalt des Priors erklärte, es habe sich nur um eine verbale
Entgleisung des Mönchs gegenüber einer jungen Verwandten der
Erpresserin gehandelt. Mit der einjährigen Bewährungsstrafe kommt
der ehemalige Vorsteher der Wallfahrtskirche um einen öffentlichen
Prozess herum.
Die vom Amtsgericht in Überlingen laut Mitteilung vom Montag per
Strafbefehl verhängte Strafe ist die höchste Strafe, die in einem
nichtöffentlichen Verfahren verhängt werden kann. Alles andere muss
öffentlich verhandelt werden.
Gegen die 46-jährige mutmassliche Erpresserin aus
Friedrichshafen sowie ihren 26-jährigen Sohn und ihren 31-jährigen
Neffen soll Ende des Monats Anklage erhoben werden. Das Geld ist
bis zum heutigen Tag verschwunden.
(sda)
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