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Allgemeines: 3. Internationales Sport-Symposium

Freitag, 25. Oktober 2002 / 18:53 Uhr

Basel: Wir haben die Lust an der Leistung verloren in diesem Land, hielt der Zürcher Unternehmensberater Klaus J. Stöhlker den Teilnehmern des Sportsymposiums in Basel vor, die sich mit den Entwicklungen des modernen Sports auseinander setzten.

Lust an der Leistung verloren?

Christoph Hablützel, Präsident von ProSport Basel, hatte zum 3. Mal nach Basel, in "die Sportstadt der Schweiz", eingeladen. Die Themen "Der Spitzensport und seine mündigen Top-Athleten", "Spitzensport und Doping", "Die Geld- Vernichtungsmaschine Spitzensport" und ein Report von UNO-Sonderbotschafter Adolf Ogi wurden von renommierten Experten präsentiert und anschliessend im Fachpublikum diskutiert.

Der Sieg kommt nach dem Flow

Verhaltenswissenschaftler Klaus Wehner von der von Cube GmbH, Heidelberg, die sich auf die biologischen Grundlagen menschlichen Verhaltens spezialisiert, nahm die Spitzensportler aus seiner Sicht unter die Lupe. Spitzenkönner werden wie Durchschnittsmenschen von fünf Trieben geleitet (Ernährungstrieb, Sexualtrieb, Neugier, Aggression, Sozialverhalten). Die Menschen strengen sich an, um Triebbefriedigung durch diese Urmotive zu erhalten; bei den Spitzensportlern stehen Neugier, Aggression und (in Teams) soziales Verhalten im Vordergrund. Die grösste Lust liegte für viele dabei in der Tätigkeit selbst, in der Anstrengung. Diese Lust ist der "Flow", angesiedelt zwischen Langeweile und Angst. Und erst nach dem Flow kommt der Sieg.

Stöhlker reklamierte, in vielen Firmen und Verbänden stünden die herrschenden Machtverhältnisse dem Flow entgegen. Wir befänden uns seit 20 Jahren auf dem Weg in die Dekadenz. Fechterin Gianna Hablützel-Bürki und Beachvolleyballer Sacha Heyer zeigten aus der Sicht des mündigen Spitzenathleten, wie auch sie dank unermüdlichem Einsatz zur Entwicklung ihrer Sportart resp. zur Verbesserung der Infrastruktur beitragen können. Duri Bezzola, Präsident von Swiss-Ski, und Giusep Fry, Manager des ebenfalls anwesenden Silvano Beltrametti, relativierten mit Bezug auf die Praxis gewisse Aussagen eher theoretischer Natur.

Doping ist kriminell

Zum Thema Doping schilderte Fecht-Olympiasiegerin Laura Flessel (Fr) ihren (kompliziert-harmlosen) Fall, der nach mehr als einem halben Jahr noch immer nicht erledigt ist. Der Zellbiologe Professor Werner Franke aus Heidelberg, der vor vier Jahren die Schweiz noch als Dopingparadies bezeichnet hatte, anerkannte gewisse Fortschritte bei uns, ist aber nach wie vor der Meinung, dass im Kampf gegen Doping viel zu wenig getan wird. "Diese Machenschaften sind kriminell und müssten viel stärker vom Staat verfolgt werden." Sein Kommentar nur Weltdoping-Agentur WADA: "Wie kann man eine Kontrollinstanz ernst nehmen, die von den möglichen Tätern eingesetzt wurde?" Dem gegenüber verteidigte Dr. Matthias Kamber, der Dopingverantwortliche des Bundesamtes für Sport (Baspo), die in letzter Zeit seitens der WADA und in der Schweiz erreichten Fortschritte.

TV-Gelder verschoben Realität

Als Geldvernichtungsmaschine trete der Spitzensport in verschiedenen Bereichen auf, hielt Professor Hackforth, Münchner Ordinarius für Medien, Kommunikation und Sport, fest. Die Insolvenz der Kirch-Gruppe und deren Folgen in der deutschen Bundesliga bildet das aktuelle Beispiel, zu dem der "Notpräsident" des FC Kaiserslautern, Ex-FCB- Präsident René C. Jäggi, hochaktuelle Erläuterungen geben konnte. "Die hohen TV-Gelder, die bis zur Kirch-Pleite flossen, setzten alle vernünftigen Massstäbe ausser Kraft", sagte der Basler; jetzt sind die Folgen bitter spürbar. Der Sport sei nicht krank, sagte Jäggi, es gäbe jedoch zu viele unfähige Sportmanager. In der Schweiz sei der Spitzensport jedoch keineswegs nur eine Geldvernichtungsmaschine, sondern eher eine Geldbeschaffungsmaschine, stellte Hans Babst, Finanzchef von Swiss Olympic, fest.

Ogi begeisterte

Wie wohl jedes Publikum begeisterte Alt-Bundesrat Adolf Ogi in seiner Eigenschaft als UNO-Sonderbeauftragter für Sport auch das Basler Symposium. "In dreissig Jahren werden wir eine bessere, eine friedlichere Welt haben", kündigte der Berner Oberländer in einem emotionellen Votum an, und der Sport werde dazu beitragen. Ogi setzt im Auftrag von UNO-Generalsekretär Kofi Annan die positiven Energien des Sports ("Sport ist die beste Lebensschule") in Auftritten auf der ganzen Welt zur Friedensförderung ein.(bert/sda)