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Automobil: Wie gehabt - alle gegen Schumi

Dienstag, 4. März 2003 / 12:09 Uhr

Einschneidende Neuerungen im Formel-1-Reglement haben hohe Wellen geworfen. An der Affiche für die am Sonntag in Melbourne beginnende WM haben sie aber nichts geändert. Das Motto lautet einmal mehr "alle gegen Michael Schumacher und Ferrari".

Schumi hat nach wie vor gut lachen.

Die vergangene Saison war noch im Gange, als FIA-Präsident Max Mosley zum Teil abenteuerliche Vorschläge vorbrachte, die zum (eigentlich lobenswerten) Ziel hatten, die Formel 1 wieder spannender zu machen und die ins Unermessliche gestiegenen Kosten einzudämmen. Mosleys Pläne waren eine logische Konsequenz aus dem Geschehen des Vorjahrs: Michael Schumacher und Rubens Barrichello hatten mit ihrer Dominanz (15 Siege in 17 Grands Prix, 9 Doppelerfolge für Ferrari) das Interesse an der First Class des Automobilrennsports schrumpfen lassen, und das Arrows-Team ging im Herbst als bislang letztes Opfer exorbitanten Finanzgebarens konkurs. Zudem konnten Jordan und Minardi den Betrieb nur dank von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone initiierter Nothilfemassnahmen aufrecht erhalten.

Mosleys kurioseste Ideen von Mosley wie Zusatzgewichte in erfolgreichen Autos und Fahrer-Rochaden zu anderen Teams wurden verworfen. In den Augen der meisten Teamchefs war der Verbandspräsident jedoch auch in anderen Punkten zu weit gegangen. Sie wehrten sich beispielsweise erfolgreich gegen das schon ab Saisonbeginn geplante Verbot elektronischer Fahrhilfen (Traktionskontrolle, Startautomatik, automatisches Getriebe). Diese sind nun ab dem elften Grand Prix (in Silverstone am 20. Juli) untersagt.

Trotz des neuen Qualifikationsmodus (Einzelzeitfahren) und weiteren Reglementsänderungen (u.a. Punktewertung, Reifenwahl, Tankverbot zwischen Qualifying und Rennen) wird der Wunsch nach ausgeglichenerem Geschehen wahrscheinlich nur insofern in Erfüllung gehen, als die Entscheidung im Kampf um den Titel später fällt. Die Hierarchie mit Ferrari an der Spitze vor BMW-Williams und McLaren-Mercedes (oder umgekehrt) dürfte Bestand haben. Daran wird wohl auch der Umstand nichts ändern, dass Ferrari zumindest in den ersten drei Grands Prix in Australien, Malaysia und Brasilien mit dem letztjährigen Aiuto antritt. In der vergangenen Saison hatte sich dies gelohnt: Mit zwei Siegen und einem 3. Rang legte Michael Schumacher schon früh den Grundstein zu seinem fünften Titel.

"Der grösste Schritt nach vorne"

Ferraris Chef-Designer Rory Byrne und seinem Team scheint mit dem neuen Wagen, der zu Ehren des kürzlich verstorbenen Fiat-Ehrenpräsidenten Giovanni Agnelli unter der Typenbezeichnung F2003-GA läuft, abermals ein grosser Wurf gelungen zu sein. Nach der Meinung des Technischen Direktors Ross Brawn hat die Scuderia mit dem neuen Auto "den grössten Schritt nach vorne getan, seit ich bei Ferrari bin". Der Engländer war 1996 zusammen mit Michael Schumacher von Benetton gekommen.

Brawns Einschätzung bestätigte der F2003-GA unter anderem mit Rekordzeiten auf der hauseigenen Strecke in Fiorano. Die vorsaisonalen Testergebnisse bestärken auch Michael Schumachers Optimismus, zum vierten Mal in Folge und zum sechsten Mal ingesamt Weltmeister zu werden -- neues Reglement hin oder her. "Egal, was kommt, wir sind gerüstet", gab sich der Deutsche gelassen. Wenn Schumacher den Titel gewinnt, ist er auch diesbezüglich alleiniger Rekordhalter vor dem legendären Argentinier Juan-Manuel Fangio.

Weitere Zuversicht dürfte Schumacher die aktuelle Situation bei BMW-Williams und McLaren-Mercedes geben. Sein Bruder Ralf Schumacher und Juan Montoya blieben in Testfahrten mit den Williams-BMW mehrheitlich hinter den hoch gesteckten Erwartungen zurück. Der Entschluss von Patrick Head, dem Technischen Direktor von Williams, beim Bau des neuen Autos einen völlig neuen Weg zu beschreiten, scheint vorderhand noch nicht die erhofften Früchte tragen zu können. Als Manko des FW25 hat sich die Aerodynamik entpuppt.

Auch McLaren-Mercedes wird das neue Auto in den ersten Rennen nicht einsetzen; die Première ist frühestens für den GP von San Marino in Imola (It) am 20. April vorgesehen. David Coulthard und Kimi Räikkönen dürften mit dem modifizierten Vorjahrsmodell nach wie vor einen schweren Stand gegen die Ferrari-Fahrer haben. Im Lager der "Silberpfeile" gibt man sich für den Saisonbeginn denn auch vorsichtig: "Wir erwarten ordentliche Platzierungen". Umso höher sind die Ziele mit dem neuen Wagen. Dannzumal will McLaren-Mercedes wieder "um den Sieg mitfahren und zu Ferrari respektive BMW-Williams aufschliessen", formulierte Norbert Haug, der Motorsportchef von Mercedes.

Renault wieder die Nummer 4?

Mit Ausnahme von Jordan, das nach dem Abgang von Honda mit (zweitklassigen) Cosworth-Motoren vorlieb nehmen muss, und dem chancenlosen Mitläufer Minardi, werden die Teams hinter den "grossen drei" leistungsmässig wohl noch näher zusammenrücken. Ob auch Jaguar nach den personellen Umstrukturierungen, denen unter anderen Teamchef Niki Lauda zum Opfer fiel, und dem um 30 Millionen Dollar gekürzte Etat dazu gehören wird, lässt sich noch nicht abschätzen.

Renault, das in der vergangenen Saison den Kampf um Platz 4 gegen Sauber schliesslich noch klar für sich entschied, will einen weiteren Schritt nach vorne tun. Obschon das Konzept der Franzosen zum Teil schon auf 2004 ausgerichtet ist, haben sie sich die Annäherung an die Topteams und vier bis fünf Podestplätze zum Ziel gesetzt. Allerdings könnte sich der neue Motor mit den beiden wiederum im 110-Grad-Winkel angeordneten Zylinderbänken als Handicap erweisen.

BAR und vor allem Toyota werden im Vergleich zu 2002 stärker eingestuft. Im BAR-Team, das nun von Honda exklusiv mit Motoren beliefert wird, war Optimismus immer schon verbreitet. Seit dem Einstieg in die Formel 1 vermochte der Anspruch mit der Realität aber nie Schritt zu halten. Auch diesmal sind die vorsaisonalen Testfahrten nicht zur vollen Zufriedenheit von Jacques Villeneuve und seinem neuen Teamkollegen Jenson Button verlaufen. Das neue Auto überzeugte wohl in punkto Schnelligkeit, kränkelte aber bei der Standfestigkeit.

Toyota, das mit (geschätzten) 400 Millionen Dollar wiederum über das grösste Budget verfügt, will in seinem zweiten Formel-1-Jahr regelmässig in die Punkteränge fahren. Dieses Unterfangen wird dadurch erleichtert, dass nicht wie bisher die ersten sechs, sondern die ersten acht Punkte erhalten. Mit dem neuen Auto, das dem letztjährigen Ferrari sehr ähnlich sieht, sind die von Köln aus operierenden Japaner auch für das Sauber-Team zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten geworden.

Termin-Vorschau

Die Formel-1-WM 2003 umfasst nach der Streichung des Grand Prix von Belgien wegen des Tabakwerbeverbots nur 16 Rennen. Die Saison beginnt traditionsgemäss in Australien (9. März) und endet wie schon oft in Japan (12. Oktober). Vier Strecken wurden oder werden mehr oder weniger stark umgebaut: der Nürburgring, Magny-Cours, der Hungaroring in Mogyorod und Suzuka.

9. März: GP Australien in Melbourne, 58 Rd., Start 04.00 MEZ
23. März: GP Malaysia in Sepang, 56, 08.00
6. April: GP Brasilien in São Paulo, 71, 19.00
20. April: GP San Marino in Imola (It), 62, 14.00
4. Mai: GP Spanien in Montmelo/Barcelona, 65, 14.00
18. Mai: GP Österreich in Spielberg, 71, 14.00
1. Juni: GP Monaco in Monte Carlo, 78, 14.00
15. Juni: GP Kanada in Montreal, 70, 19.00
29. Juni: GP Europa in Nürburg (De), 60, 14.00
6. Juli: GP Frankreich in Magny-Cours, 70, 14.00
20. Juli: GP Grossbritannien in Silverstone (Eng), 60, 14.00
3. August: GP Deutschland in Hockenheim, 67, 14.00
24. August: GP Ungarn in Mogyorod, 70, 14.00
14. September: GP Italien in Monza, 53, 14.00
28. September: GP USA in Indianapolis, 73, 20.00
12. Oktober: GP Japan in Suzuka, 53, 07.30

Si (David Bernold /sda)


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