RECHT
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Belgien ändert umstrittenes Kriegsverbrecher-Gesetz

Sonntag, 22. Juni 2003 / 16:37 Uhr

Brüssel - Nach Kritik und Drohungen der USA will die neue belgische Regierung das Kriegsverbrecher- und Völkermordgesetz zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres ändern.

Klagen gegen Spitzenpolitiker wie US-Präsident Bush wären in Belgien nicht mehr möglich.

Klagen gegen Spitzenpolitiker aus Grossbritannien, Israel oder den Vereinigten Staaten seien dann in Belgien nicht mehr möglich. Das sagte der amtierende Premierminister Guy Verhofstadt in Brüssel.

Vorausgegangen war eine Grundsatzeinigung von Sozialisten und Verhofstadts Liberalen bei ihren Koalitionsverhandlungen, die nach den Parlamentswahlen im Mai nötig geworden waren.

Das geänderte Gesetz soll nur noch bei einem klar festgelegten Belgien-Bezug gelten. So muss ein mutmasslicher Täter Belgier sein oder in Belgien leben. Opfer von Straftaten müssen ebenfalls Belgier sein oder mindestens seit drei Jahren in dem Land leben.

Belgien will Kriegsverbrechen und Völkermord künftig auch nur noch gerichtlich verfolgen, falls in dem betroffenen Land diese Taten nicht unter Strafe stehen oder ein rechtmässiger Prozess nicht gewährleistet ist. Das neue Gesetz soll eine Immunitätsklausel enthalten, wonach Spitzenrepräsentanten von Staaten nicht bei einem Belgien-Besuch belangt werden können.

Verhofstadt wies die Vermutung zurück, Belgien habe auf Druck Washingtons gehandelt. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte unlängst bei der NATO den Neubau der Allianz in Brüssel offen in Frage gestellt.

In der zurückliegenden Woche hatte die Regierung in Brüssel Klagen gegen den US-Präsidenten George W. Bush und den britischen Premierminister Tony Blair an die Behörden in deren Heimatländer verwiesen. Diese Klagen betreffen den Irak-Krieg und das militärische Eingreifen der USA in Afghanistan.

Belgien hatte das zehn Jahre alte Gesetz bereits im April geändert und damit eine Verweisung von Klagen ins Ausland möglich gemacht. Verhofstadt sagte zu der erneuten Änderung: Der Wunsch war, einen Missbrauch des Gesetzes zu verhindern. Wann es geändert wird, blieb offen, denn eine neue Regierung ist bisher nicht im Amt.

(pt/sda)