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Christoph und die 8 Zwerge

Donnerstag, 20. November 2008 / 11:31 Uhr
aktualisiert: 12:53 Uhr

OK. Wenn es um Kolumnistenfutter geht, ist die SVP in der Schweiz im Moment nicht zu schlagen. Die Zutaten für das nächste Drama sind bereits fertig a ...

OK. Wenn es um Kolumnistenfutter geht, ist die SVP in der Schweiz im Moment nicht zu schlagen. Die Zutaten für das nächste Drama sind bereits fertig angerührt im Topf, kochen laut blubbernd vor sich hin und warten nur noch darauf, am 10. Dezember im Bundeshaus angerichtet zu werden.

Das Erstaunliche daran ist, dass der nach seiner Abwahl vor einem Jahr bereits allseits abgeschriebene Christoph Blocher auf einmal wieder im Zentrum aller Aufmerksamkeit steht. Die anderen Kandidaten, egal wie fähig oder wählbar sie sind, verblassen. Dabei steht jetzt schon beinahe 100%-ig fest: Blocher wird nicht wieder in den Bundesrat gewählt werden. Zu viel Geschirr ist zerbrochen, zu sehr ist er Symbol für die Konfrontation, welche die Schweizer Politik dominiert.

Blocher ist und bleibt Spaltmaterial, das praktisch nicht vereinbar mit dem Kollegialitätsprinzip ist. Seine Anhänger betonen zwar immer wieder, dass Blocher der beliebteste Politiker des Landes sei. Allerdings ist er auch der unbeliebteste. Und nicht nur im Volk. Auch andere Politiker haben grösste Probleme mit ihm und seinem Anspruch, absolutes Alphatier zu sein. Vor allem deshalb wurde er abgewählt und vor allem deshalb wird er nie mehr in den Bundesrat kommen.

Das müsste auch seinen Anhängern klar sein. Doch sie ignorieren dies, wollen ihrem Messias noch einmal die Referenz erweisen, indem sie ihn aufs Schild heben und mit ihm in die Schlacht ziehen gegen die «unschweizerischen» Gegner, die überall lauern. Und – das nervt die Blocher-Aposteln am meisten – die finden sich, trotz abgesprungener BDP'ler, auch immer mehr in der eigenen Partei.

Bisher stehen neben Blocher noch acht andere SVPler bereit, das zweifelhafte Erbe von Samuel Schmid anzunehmen, der, dem Bericht über den Zustand der Armee zu urteilen nach, bald eine Ehrenmitgliedschaft in der GSOA verliehen bekommt. Das geht von Rita Fuhrer, die einst genau diesem Samuel Schmid unterlag, bis zum Jung-SVP'ler Erich Hess. Diverse der acht sind nur regional bekannt und es fragt sich, wer neben Blocher von der Bundeshausfraktion noch nominiert wird.

Doch kümmert das überhaupt noch jemanden? Denn wird es nicht so ablaufen, dass nach dem ersten Wahlgang keiner der offiziellen Kandidaten das erforderliche Mehr bekommen und dann auf einmal Ueli Maurer vorgeschoben und womöglich auch gewählt wird? Sollte diese, auch von diversen SVP-Insidern als wahrscheinlich betrachtete Variante Wirklichkeit werden, wird die Ära Blocher zu Ende sein. Doch nicht der Krach in der Partei. Der Blocher-Flügel wird schmollen und sogar Ueli Maurer wird mehr als eine Breitseite von diesen Kreisen abbekommen. SVP-Chef Toni Brunner wird danach grosse Mühe haben, sich lange zu halten – vor allem, weil es ihm nicht gelungen ist, sich irgendwie von seinem Ziehvater Blocher zu emanzipieren. Er hat weder die Statur noch die Fähigkeit, zu einer neuen Integrationsfigur zu werden.

Die SVP hat bereits grosse Probleme. Mit der trotzigen Nomination von Christoph Blocher werden diese noch grösser und die Zentrifugalkräfte werden weiter anwachsen. «Christoph und die 8 Zwerge» kann es vom Schrecken her, den es noch bereit hält, mit jedem Märchen der Gebrüder Grimm aufnehmen. Ein Happy End ist allerdings nicht absehbar.(von Patrik Etschmayer/news.ch)


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