Doping-Razzia am Giro: Oscar Camenzind entsetzt! Donnerstag, 7. Juni 2001 / 19:04 Uhr
San Remo - «So kann man nicht mehr Rennen
fahren», sagt Oscar Camenzind. Der Schweizer Radprofi zeigte sich fassungslos über die gross angelegte Doping-Razzia der italienischen Polizei, die am Mittwoch bis Mitternacht andauerte. Aus diesem Grund wurde die heutige Giro-Etappe sistiert.
Für Oscar Camenzind dauerte die Razzia der italienischen
Dopingfahndungsbehörde in San Remo am Mittwoch von 20.30 Uhr bis
knapp vor Mitternacht. Der Schweizer zeigte sich fassungslos über
das Vorgehen (»So etwas habe ich noch nie erlebt!») und tönte das
Empfinden der meisten Radprofis an.
Von Polizei gefilzt
Camenzind wollte nach beendetem Nachtessen den Speisesaal
verlassen, um zu telefonieren. Er wurde jedoch von Beamten
aufgefordert, sich hinsetzen und und vom Handy keinen Gebrauch zu
machen. Dann wurde der Schwyzer einen Stock tiefer zu vier
Polizisten geführt, die seinen Ausweis behändigten und seine
Personalien aufnahmen.
Dann ging's zur Untersuchung des Zimmers, das Camenzind mit
Maximilian Sciandri (Gb) teilte. Der Schwyzer: «Die Polizisten
nahmen das Hinterste und Letzte hervor und auseinander. Ich hatte
Tabletten und Ampullen mit Vitaminen und Aminosäuren dabei.» Die
Sachen der beiden Fahrer wurden in einen separaten Sack gesteckt.
Ampullen mit Aminosäuren konfisziert
Nach der Durchsuchung wurde Camenzind wieder zur Récéption
begleitet. «Es dauerte ewig lang», erklärte er, ehe er seine
Vitamintabletten zurückerhielt, nicht aber die Ampullen; diese
waren deutsch angeschrieben und von den Beamten in ihrem
Verzeichnis im Computer nicht identifizierbar. Zum Schluss musste
Camenzinds fünf verschiedene Formulare unterschreiben.
Kein Schlaf
Nach Mitternacht konnte Camenzind ins Bett steigen, an Schlaf
war jedoch noch lange nicht zu denken. Der Helfer in der
Sportgruppe des Leaders Gilberto Simoni: «Ich war völlig
aufgewühlt. Für mich ist diese Aktion schwer zu verstehen. Ich
fragte den mich untersuchenden Polizisten, weshalb solche
Kontrollen nicht in anderen Sportarten wie Fussball, Tennis oder in
Formel 1 gemacht werden.»
Etappe nicht möglich
Für Camenzind stand sofort fest, dass die Fahrer nicht zur 18.
Etappe starten werden. «Acht Stunden bummeln auf dem Rennvelo
bringt auch nichts. Aber so kann es nicht weitergehen. Wir Fahrer
müssen auf die Barrikaden steigen.»
(ba/sda)
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