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Fall Borer: EDA gerügt

Freitag, 8. April 2005 / 15:38 Uhr

Bern - Der Informationschef des EDA hat sich im Fall Borer ungeschickt verhalten und damit der Kampagne der Sensationspresse erst Auftrieb gegeben. Bundesrat Joseph Deiss treffe keine Schuld, hält die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrates fest.

Thomas Borer-Fielding: Der Ex-Botschafter wurde Ziel der Boulevard-Presse.

Ende März 2002 hatte der SonntagsBlick über eine angebliche Liebesaffäre des damals in Berlin akkreditierte Botschafters Thomas Borer berichtet. Die Kampagne endete damit, dass der Bundesrat Borer am 10. April 2002 von seinem Posten nach Bern zurückbeorderte und der Diplomat daraufhin den Dienst beim Bund quittierte.

Nach Auffassung der GPK hat der damalige Informationschef Ruedi Christen der Boulevardpresse zu bereitwillig und vorschnell Auskunft gegeben. Den gravierendsten Fauxpas habe er begangen, als er am Vorabend dem SonntagsBlick Auskunft gab, ohne den Inhalt des Artikels zu kennen und zuvor mit Borer Kontakt aufzunehmen.

'audiatur et altera pars'

Laut GPK war es weder zwingend noch dringlich, auf die Fragen der Zeitung zu antworten. Der Grundsatz audiatur et altera pars (auch die andere Partei soll man hören) insbesondere gelte nicht nur für die Medien, sondern auch für die Behörden.

Der inzwischen zur UNO nach New York versetzte Christen habe den Eindruck erweckt, dass der Schweizer Botschafter in Berlin ein ernsthaftes Problem darstelle und das Departement an einer Klärung des Sachverhalts interessiert sei. Durch ihre Zwiespältigkeit habe die Information des EDA den Spekulationen Auftrieb gegeben und die Polemik eher angefacht als eingedämmt.

Deiss fehlerfrei

Sachlich und überlegt kommuniziert hat nach Ansicht der GPK hingegen der damalige Aussenminister Joseph Deiss. Deiss habe sich erst nach einigen Tagen öffentlich geäussert und sich mit dem Hinweis auf die Privatsphäre Borers vor Kommentaren gehütet. Damit habe er die vereinbarte Kommunikationsstrategie von Anfang an respektiert.

Kritik einstecken müssen im GPK-Bericht auch die Medien. Diese hätten auf inakzeptable Weise Borers Privatsphäre und die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt. Besorgt zeigt sich die GPK nicht nur über die Sensationspresse, sondern auch darüber, dass zahlreiche Zeitungen die vom SonntagsBlick verbreiteten Informationen aufnahmen.

(fest/sda)


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