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Familie von in Zelle gestorbener Schwarzer erhebt in USA Vorwürfe

Donnerstag, 23. Juli 2015 / 15:17 Uhr

Chicago - Nach dem Tod der schwarzen Sandra Bland in einer US-Gefängniszelle hat die Familie der Verstorbenen Vorwürfe gegen den für die Festnahme verantwortlichen weissen Polizisten erhoben.


Bland sei nur deshalb im Gefängnis gewesen, weil sie das «Ego» eines übereifrigen Polizisten verletzt habe, erklärte die Familie am Mittwoch (Ortszeit). Sie habe das Gefühl, der Beamte habe auf Bland «herumgehackt», sagte die Schwester der Verstorbenen, Sharon Cooper, vor Journalisten. Er sei wütend geworden, weil sein «Ego» verletzt worden sei. Es habe sich um eine triviale Angelegenheit gehandelt.

Auf die Frage, ob sie glaube, Bland sei aufgrund ihrer Hautfarbe angehalten worden, sagte Cooper: «Ich glaube, er hat sie angehalten, weil sie aus einem anderen Bundesstaat kam.»

Beim Abbiegen nicht geblinkt

Bland war bei einer Verkehrskontrolle in Texas wegen versäumten Blinkens gestoppt worden. Auf dem Video zur Festnahme ist zu sehen, wie der 30-jährige Polizist sie zum Verlassen ihres Fahrzeuges auffordert.

Dann kommt es zu einer Auseinandersetzung. Der Polizist zieht offenbar eine Art Elektroschockpistole und droht ihr, «ich zünde dich an», nachdem sich die 28-Jährige weigerte, ihr Auto zu verlassen. Dann zerrt er sie aus dem Auto. Dem Beamten zufolge griff Bland ihn an. Festgenommen wurde Bland letztlich wegen Angriffs auf einen Staatsbediensteten.

Drei Tage nach ihrer Festnahme wurde Bland tot in ihrer Gefängniszelle gefunden. Die Familie widersprach ersten Annahmen, Bland habe sich in der Zelle erhängt. Zwar hatte die Familie zunächst angegeben, dass die 28-Jährige in der Vergangenheit an Depressionen gelitten habe, an die Suizid-Theorie glaubt die Familie aber nicht.

Bland war ihrer Familie zufolge froh, bald eine neue Stelle an der Universität in Houston anzutreten und habe keinen Grund gehabt, sich das Leben zu nehmen.

Keine Depressionen

Der Anwalt der Familie, Cannon Lambert, wies am Mittwoch Behauptungen zurück, Bland habe Depressionen gehabt. Bland habe niemals eine entsprechende Diagnose erhalten und auch keine verschreibungspflichtigen Medikamente bekommen. Auch wies er Angaben zurück, Bland habe der Polizei gegenüber erklärt, zuvor bereits einen Suizidversuch unternommen zu haben.

«Sandy war Aktivistin. Aktivisten nehmen sich nicht das Leben, vor allem nicht im Gefängnis», sagte Lambert. Bland war Mitglied der Organisation Black Lives Matter (Schwarze Leben zählen), die nach den tödlichen Fällen von Polizeigewalt gegen Schwarze gegründet worden war.

Die Polizei hatte am Montag ein Video veröffentlicht, das zeigen soll, dass niemand Blands Zelle betreten oder verlassen hat, bevor ihre Leiche entdeckt wurde. Der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, sprach den Angehörigen am Mittwoch sein Beileid aus.

Ein örtlicher Staatsanwalt bezeichnete den Tod Blands als verdächtig und leitete Ermittlungen wegen Mordes ein. Der weisse Polizist wurde mittlerweile beurlaubt. Ersten Ermittlungen zufolge hat er gegen «Verhaltensregeln» seiner Behörde und das Vorgehen bei Verkehrskontrollen verstossen. Bland soll am Samstag in Chicago beigesetzt werden.

 

(jbo/sda)


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