GRIECHENLAND
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Finanzminister Varoufakis verlangt «Merkel-Plan»

Mittwoch, 4. Februar 2015 / 20:34 Uhr

Berlin - Der neue griechische Finanzminister Giannis Varoufakis hat von Deutschland einen «Merkel-Plan» verlangt - nach dem Vorbild des US-amerikanischen Marshallplans zum Wiederaufbau Westeuropas nach dem Zweiten Weltkrieg.


«Deutschland ist das mächtigste Land Europas», sagte Varoufakis der Wochenzeitung «Die Zeit». «Ich glaube, dass die EU davon profitieren würde, wenn Deutschland sich als Hegemon verstünde», sagte Varoufakis in dem am Mittwoch veröffentlichten Interview.

Die USA hätten nach dem Zweiten Weltkrieg auch in diesem Sinne Verantwortung übernommen. «Ich stelle mir einen Merkel-Plan vor, nach dem Vorbild des Marshallplans. Deutschland würde seine Kraft nutzen, um Europa zu vereinigen. Das wäre ein wundervolles Vermächtnis der deutschen Bundeskanzlerin.»

Zugleich bat Varoufakis um Verständnis für den Kurswechsel seines Landes. «Hören Sie sich an, was wir zu sagen haben, und lassen Sie uns dann unvoreingenommen darüber diskutieren.»

Zugleich versicherte er, Griechenland wolle nicht zur Schuldenpolitik der Vergangenheit zurückkehren. «Griechenland wird - abzüglich der Zinsausgaben - nie wieder ein Haushaltsdefizit vorlegen. Nie, nie, nie!»

Der linke Politiker wird am Donnerstag nach Berlin reisen, wo er Finanzminister Wolfgang Schäuble zu einem Gespräch trifft.

Tsipras unterstreicht Rolle Frankreichs

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras traf derweil am Mittwoch den französischen Präsidenten François Hollande. Frankreich soll laut Tsipras einen Wandel in der EU anführen. «Wir brauchen eine neue Vereinbarung für eine Rückkehr zum Wachstum, für die Stärkung der Beschäftigung und des sozialen Zusammenhalts», sagte er nach dem Treffen mit Hollande.

«Bei dieser Anstrengung brauchen wir vor allem Frankreich, das eine massgebliche Rolle als Garant spielen muss», sagte Tsipras in Paris. Frankreich müsse «die Rolle des Protagonisten bei diesem Politikwechsel» einnehmen.

«Wir sind keine Bedrohung für Europa», betonte der Grieche. Die Wahl des Linkspolitikers vor eineinhalb Wochen hatte in Europa ein politisches Erdbeben ausgelöst. Tsipras hatte eine Abkehr vom harten Sparkurs in seinem unter einer gewaltigen Schuldenlast leidenden Land angekündigt.

Forderungen nach einem Schuldenschnitt hat die neue griechische Regierung inzwischen aber abgemildert. Sie setzt sich nun für ein Umschuldungsprogramm ein und sucht nach einem Kompromiss mit der EU und der Europäischen Zentralbank (EZB).

Hollande sagte, nötig sei «Respekt» für den Ausgang der Wahl in Griechenland vom 25. Januar. Das Votum des griechischen Volkes sei eine klare Absage an einen strikten Sparkurs «als einzige Perspektive und Realität». Zugleich sei aber auch Respekt für die europäischen Regeln und die Zusagen im Bezug auf Staatsschulden nötig. Hollande betonte die «Verantwortung» für die gemeinsame Währung Euro.
(bert/sda)


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