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Frankreich hofft und bangt

Montag, 28. März 2005 / 12:46 Uhr

In Frankreich herrscht nach dem torlosen Unentschieden gegen die Schweiz Ratlosigkeit. Nationaltrainer Raymond Domenech und die Spieler bedauerten die vergebenen Torchancen und flüchteten sich in Durchhalteparolen.

Trainer Raymond Domenech weiss: Jetzt müssen Punkte her!

Seit der Europameisterschaft in Portugal, seit Domenech Nationaltrainer ist und Zinédine Zidane nicht mehr den Takt angibt, wartet Frankreich auf einen überzeugenden Auftritt. Das Spiel gegen die Schweiz hätte ihn werden sollen.

Die Voraussetzungen dafür waren zwar nicht optimal, weil mit Thierry Henry ein wichtiger Stürmer fehlte, doch zumindest vielversprechend: Ein Gegner, der zuletzt zweimal deutlich dominiert worden war, ein volles Stade de France und wachsende Sympathien der Franzosen für die neue Equipe, dank den Leistungssteigerungen in den letzten Testspielen.

Es kam anders. Die 70 000 Fans quittierten das 0:0 gegen die "Petits Suisses", dem dritten torlosen Remis im dritten Heimspiel der WM-Qualifikation, mit einem gellenden Pfeifkonzert.

Parallelen zu vorherigen Spielen

Die Pfiffe des Pariser Publikums, das letztmals Anfang Juni gegen die Ukraine ein Tor der Blauen zu sehen bekam, blieb nicht die einzige Parallele zu den Partien gegen Israel und Irland.

Auch Spieler und Trainer blieben ihrer Linie treu. Sie flüchteten sich in Durchhalteparolen, versuchten das Positive herauszustreichen und versprachen Besserung.

"Wir haben nicht gewonnen, aber wir auch nicht verloren. Das ist zufriedenstellend. Es ist wichtig, dass wir an uns glauben", analysierte Captain Patrick Vieira.

"Uns hat das Glück gefehlt. Wir haben viele Torchancen vergeben. Doch ich bin sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind", wiederholte Domenech nach der Partie in den letzten Monaten mehrfach Gehörtes.

Nur den Fans und den Medien fehlt mehr und mehr der Glaube an eine Besserung. Die Skeptik überwiegt, wie die Sportzeitung "L´Equipe" mit der Schlagzeile "Zum Verzweifeln" zum Ausdruck brachte.

Chancen waren da

Zwar hoben auch die Zeitungen hervor, dass Frankreich sich gegen die Schweiz ein halbes Dutzend hochkarätige Chancen herausspielte und bezweifelten, dass David Trezeguet jemals zuvor eine solch gute Möglichkeit vergeben hat, wie in der 77. Minute, als er aus acht Metern freistehend vor Pascal Zuberbühler "die Mutter aller Torchancen" ("Journal du Dimanche") ausliess.

Doch vergassen sie nicht, darauf hinzuweisen, dass der Spielfluss zu wünschen übrig liess, und auch die Spieler von Köbi Kuhn ihre Möglichkeiten hatte.

Den Schweizern wurde im Vergleich zur EM grössere Abgeklärtheit attestiert.

Als Hauptverantwortlicher dafür, erkannt "L´Equipe" Ricardo Cabanas, der die beste Note aller Feldspieler erhielt.

Nur Bartez und Boumsong genügend

Aus dem französischen Team wurden nur die Leistungen von Goalie Fabien Barthez und Verteidiger Jean-Alain Boumsong lobend erwähnt. Kritik erntete der Sturm, also ausgerechnet der Bereich der "Equipe tricolore", der sich im Vergleich zu den letzten, erfolgreicheren Jahren, nicht oder kaum verändert hat.

Die Torflaute (4 Tore in 5 Spielen) lässt sich auch schwer erklären, weil Trezeguet und Wiltord in ihren Vereinen treffsicher sind. Die Analyse des Spiels fiel von französischer Seite dementsprechend hilflos aus.

Dass die Skepsis in Frankreich noch nicht vollends der Verzweiflung gewichen ist und "Le Parisien" halb optimistisch, halb ironisch "Alles bleibt möglich" titeln konnte, verdankt die Truppe von Domenech mehr den Gegnern in dieser ausgeglichenen WM-Qualifikationsgruppe 4 als ihren eigenen Leistungen.

Freude über Konkurrenten-Remis

Der Nationaltrainer verheimlichte auch nicht, dass er das 1:1 zwischen Israel und Irland mit Freude zur Kenntnis genommen hat.

Frankreich muss die restlichen Spiele gegen die direkten Konkurrenten um ein WM-Ticket, Schweiz, Irland und Israel, aber auswärts bestreiten.

Bereits am Mittwoch in Tel Aviv steht der ehemalige Welt- und Europameister (erneut) in der Pflicht.

Punkte müssen her

Eine Entscheidung fällt dort noch nicht. Das Gastspiel wird aber zeigen, wie sich das neue Frankreich auswärts gegen einen valablen Gegner schlägt.

Die einzigen Siege in der WM-Qualifikation erreichte Domenech mit seiner Mannschaft auf den Färöern und in Zypern.

Dass dies zu wenig ist, um sich für Deutschland 2006 zu qualifizieren, ist Domenech klar: "Wir müssen gegen unsere direkten Konkurrenten auswärts punkten. Die Entscheidung fällt wohl im vorletzten Spiel in der Schweiz."

In Frankreich hatte nach der Gruppenauslosung niemand so viel Spannung vermutet oder befürchtet.

(rr/Si)


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