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Fussball: Die doppelte EM-Chance

Donnerstag, 5. Juni 2003 / 18:19 Uhr
aktualisiert: 22:48 Uhr

Innert vier Tagen kann die Schweizer Nationalmannschaft die Weiche an die EM 2004 nach Portugal stellen. In den Heimspielen gegen Russland am Samstag in Basel und gegen Albanien am Mittwoch in Genf spielt Köbi Kuhns Team um die doppelte EM-Chance.

Die Endrunde lockt. Alle wollen nach Porugal.

Einzig 1996 in England war die Schweiz an einer EM-Endrunde vertreten. Nur Johann Vogel und Stéphane Chapuisat haben je an grossen Championaten teilgenommen. Der dritte grosse Wurf nach der WM-Qualifikation 1994 und dem EM-Debüt zwei Jahre später steht bevor. Er würde mit zwei Heimsiegen äusserst realistisch.

Die Ausgangslage: Nach halbem Qualifikationspensum und je vier Spielen führt die Schweiz ungeschlagen die Tabelle mit acht Punkten (Remis in Albanien und Georgien, Siege in Irland und zu Hause gegen Georgien) an. Die vermeintlichen Gruppenfavoriten liessen bereits Federn. Russland ist mit sechs Punkten Zweiter, Irland mit vier Zählern Vierter. Der Sieger der Gruppe qualifiziert sich direkt für die Endrunde in Portgal, der Zweite trägt gegen einen anderen Gruppenzweiten eine Barrage aus.

Neben der "Halbzeitführung" hat die Schweiz den grossen Vorteil, noch dreimal vor eigenem Anhang zu spielen. Sowohl Russland am Samstag, Albanien am kommenden Mittwoch und zum Schluss Irland am 3. Oktober in Basel werden noch empfangen. Nur der Auswärtsgang nach Moskau (10. September) steht noch bevor. "Zwei Heimsiege würden sicher eine Vorentscheidung bringen", sagt Nationalcoach Köbi Kuhn. "Doch ich erstelle kein Punktebudget, sondern nehme Spiel um Spiel, Gegner um Gegner. Wir müssen spielen und gewinnen, nicht zögern und rechnen."

Die Sicherheit des Leaders

Der Formstand: Die Meisterschaften in diversen Ländern sind beendet. Als Dessert warten wichtige EM-Ausscheidungsspiele. "Die Spieler müssen den Schalter umdrehen. Ich spüre aber, dass sie gewillt sind, nochmals sämtliche Kraftresereven zu mobilisieren. Die Endrunde lockt. Alle wollen nach Porugal. Die Stimmung ist ausgezeichnet, die Konzentration ist da. Unsere bisherigen Ergebnisse geben Sicherheit. Wir sind nicht mehr Aussenseiter, sondern spielen um den Gruppensieg", führt Kuhn aus.

Die Fragen: Wie viele Kräfte können noch freigelegt werden? Basel trug 57 Partien in dieser Saison aus, manche Söldner wie Johann Vogel (Eindhoven) oder Patrick Müller (Lyon) kaum weniger. Ist das Aufgebot an Stürmern mit dem alternden Stéphane Chapuisat (34, 91 Länderspiele), Alex Frei (10 Tore in 17 Länderspielen) und Neuling Milaim Rama (Thun) nicht zu schmal? Kuhn: "Notfalls könnte ich einen der beiden U21-Stürmer, Marco Streller oder André Muff, nachnominieren, und auch Hakan Yakin kann in der Spitze spielen."

Konzentration der Kräfte

Die Sorgen: Ist Ludovic Magnin nach seinem Knöchelbänderriss wieder fit? Erholen sich Raphaël Wicky und Johann Vogel rechtzeitig von ihrem mit Magenproblemen verbundenen Hitzestau? Und, vor allem: Sind alle Akteure 100-prozentig bei der Sache und vermögen persönliche Zukunftsgedanken zu verdrängen? Hakan Yakin und Ricardo Cabanas wägen mögliche Auslandtransfers ab, Bernt Haas grübelt, ob er bei Basel bleiben kann. Alex Frei erhielt bei Rennes kaum Spielpraxis und steht mit dem Trainerwechsel von Valid Halidodzic zu Lazlo Bölöni vor einem Neuanfang.

Die Aufstellung: Wie gewohnt gibt Kuhn diese nicht bekannt. Neun Namen scheinen sicher. Captain Jörg Stiel beginnt im Tor, Bernt Haas auf der rechten Abwehrseite, Murat Yakin und Patrick Müller in der Mitte. Ricardo Cabanas, Johann Vogel und Hakan Yakin als zurückgezogene Spitze sind im Mittelfeld ebenso gesetzt wie Alex Frei und Stéphane Chapuisat im Sturm. Vieles deutet darauf hin, dass Christoph Spycher von Meister GC zu seinem zweiten Länderspieleinsatz gelangt. Wird Ludovic Magnin rechtzeitig fit, könnte er im Mittelfeld spielen oder links hinten beginnen. Dann würde der Platz für Raphäel Wicky oder Fabio Celestini im Mittelfeld frei.

Der Gegner: Das russische Nationalteam hat eine Radikalkur erfahren. Coach Waleri Gassajew, zugleich Klubtrainer von Meisterschaftsleader ZSKA Moskau, hat nach den unerwarteten Auswärtsniederlagen in Albanien (1:3) und Georgien (0:1) zahlreiche einstige Leistungsträger ausgemustert und setzt auf neue, junge und "einheimische" Kräfte. Im Aufgebot des allmächtigen Herrschers Gassajew (49) fehlen so bekannte Namen wie Alexander Mostowoj, Waleri Karpin, Wladimir Bestschastnich, Dimitri Alenischew, Jegor Titow und Marat Ismailow. Sie traten entweder zurück oder wurden einfach nicht mehr berücksichtigt. Als letzter Routinier musste der Rekord-Internationele Viktor Onopko (33, 105 Länderspiele) wegen einer Hüftverletzung passen.

Russen mit neuen Namen

Gassajew vertraut neuen Namen. Wasili Beresutski (21), der Zwillingsbruder von Verteidiger Alexej, Piotr Bystrow (33, Mittelfeldakteur von Ramenskoje) und der erst 17-jährige Torhüter Igor Akinfejew von Leader ZSKA Moskau figurieren erstmals im Aufgebot. Um die verbliebenen Routiniers Juri Kowtun (33), Sergej Semak (25), Alexej Smertin (28), den hoffnungsvollen Andrej Karjaka (25) und Stürmer-Ass Dimitri Sitschew (20) baut "Väterchen" Gassajew sein neues Team. Nur Smertin (Bordeaux) und Sitschew (Marseille) sind "Legionäre". Der Rest spielt in Russlands Topliga.

Der WM-Teilnehmer 2002 steht in der EM-Ausscheidung mit dem Rücken zur Wand. "Die Russen vertreten das grösste Land Europas und sind Repräsentanten einer stolzen Fussballnation. Wir wissen um ihre Qualitäten wie das Kurzpass- und Kombinationsspiel. Ein ´angeschlagenes Tier´ ist zudem unberechenbar und doppelt gefährlich", hebt Köbi Kuhn den Mahnfinger.

Sieglos gegen die Russen

Die Bilanz: Sie sieht gegen Russland respektive gegen die ehemalige Sowjetunion verheerend aus. Noch keines von zehn Spielen vermochte die Schweiz zu gewinnen. Drei Remis stehen sieben Niederlagen gegenüber. In bester (negativer) Erinnerung sind die beiden letzten Zu-Null-Niederlagen, das 0:1 im Herbst 2000 in Zürich und vor allem das 0:4 am 6. Oktober 2001 unter Kuhn in der WM-Qualifikation in Moskau. Bestschastnich schoss damals drei der vier Tore der Russen, Titow das 4:0. "Jede Serie geht einmal zu Ende", meint Kuhn lakonisch. "Zwar lügt die Statistik nicht. Doch wir haben keine Komplexe. Wir sind in unserer Gruppe kein Aussenseiter mehr."

Gruppe 10

16.00 Uhr: Irland - Albanien (in Dublin) 20.15 Uhr: Schweiz - Russland (in Basel)


1. Schweiz  4 2 2 0 7:3 8
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2. Russland 4 2 0 2 9:7 6
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3. Albanien 4 1 2 1 5:6 5
4. Irland   4 1 1 2 5:7 4
5. Georgien 4 1 1 2 3:6 4
Die weiteren Spiele

11. Juni: SCHWEIZ - Albanien, Irland - Georgien 6./7. September: Irland - Russland, Georgien - Albanien 10. September: Russland - SCHWEIZ, Albanien - Georgien 11./12. Oktober: SCHWEIZ - Irland, Russland - Georgien

Bereits gespielt

SCHWEIZ - Georgien 4:1 Russland - Irland 4:2 Albanien - SCHWEIZ 1:1 Irland - SCHWEIZ 1:2 Russland - Albanien 4:1 Georgien - Irland 1:2 Albanien - Russland 3:1 Georgien - SCHWEIZ 0:0 Albanien - Irland 0:0 Georgien - Russland 1:0 (bert/sda)