Erstmals in seiner Geschichte gewann Italien an einer WM ein Penaltyschiessen. In der regulären Spielzeit schienen die Italiener platt und wehrten sich gegen die Angriffe Frankreichs, doch in der finalen Entscheidung trafen Andrea Pirlo, Marco Materazzi, Daniele De Rossi, Alessandro Del Piero und Fabio Grosso, der schon den entscheidenden Treffer im Halbfinal gegen Deutschland erzielt hatte, trafen vom Penaltypunkt sicher. Für Frankreich trafen Sylvain Wiltord, Eric Abidal und Willy Sagnol, weil aber Trezeguets Versuch von der Lattenunterkante auf und nicht hinter die Linie prallte, jubelte am Ende nicht unverdient Italien.
In der Verlängerung hatten Zinédine Zidane, der mit einem Penaltytor sein Team schon in der 7. Minute in Führung gebracht hatte und in der Verlängerung nach einer Tätlichkeit gegen Materazzi des Feldes verwiesen wurde, mit einem von Gianluigi Buffon sensationell abgewehrten Kopfball und Franck Ribéry die grössten Chancen, Frankreich vorzeitig zum zweiten WM-Titel zu schiessen. Die Italiener wirkten je länger das Spiel dauerte desto müder. Offensivaktionen hatte das Team von Marcello Lippi nach Luca Tonis Abseitstor in der 62. Minute.
Turbulenter Beginn
Das Spiel begann sehr turbulent: Schon nach rund 40 Sekunden blieb Thierry Henry nach einem Zusammenprall mit Italiens Captain Fabio Cannavaro, der sein 100. Länderspiel bestritt, benommen liegen. Der französische Topskorer konnte jedoch nach dreiminütiger Pflege weiterspielen. Lanciert wurde die Partie nach fünf Minuten, als der reichlich übermotivierte Einsatz Materazzis gegen Florent Malouda zu einem Penalty führte, den Zidane im Stile Antonin Panenkas via Lattenunterkante zur frühen Führung verwertete. Nur zwölf Minuten später korrigierte Materazzi seinen eigenen Fehlstart mit einem schönen Kopfballtor zum 1:1.
Die Italiener übernahmen nach dem Rückstand sofort das Spielgeschehen; die Statistiker notierten zum Zeitpunkt des Ausgleichs 70 Prozent Ballbesitz für die «Squadra Azzurra». Pech hatten die Italiener ausserdem bei einem Lattenkopfball von Luca Toni, erneut nach einem Corner von Andrea Pirlo (36.). Unmittelbar zuvor hatte Liliam Thuram in seinem 121. Länderspiel nach schönem Durchspiel in extremis gegen Toni gerettet. Es waren nach dem Ausgleich jedoch die einzigen brenzligen Situationen in den Strafräumen nach dem Ausgleich von Materazzi.
Druckvolle Franzosen
Erst nach dem Seitenwechsel traten auch die Franzosen druckvoller auf und sorgten vor Buffon für einige Unruhe. Vor allem Henry setzte sich mit seinen schnellen Dribblings wiederholt gefährlich in Szene, fand aber bei seinen Abschlüssen (46./63.) in Buffon seinen Meister und bei seinen Zuspielen (50.) keinen Abnehmer. Lippi reagierte auf die Druckphase Frankreichs nud schickte mit Vincenzo Iaquinta einen zweiten Stürmer aufs Feld, worauf sich das Spielgeschehen zumindest wieder ausglich.
Die Italiener leisteten sich in ihrem sechsten WM-Final vor allem im Spielaufbau erstaunlich viele Fehler und wirkten gedanklich weniger frisch als ihr Gegner. Vom im Halbfinal gegen Deutschland überzeugend gezeigten Kombinationsspiel und Offensivdrang war über weite Strecken nichts zu sehen. Und als sie sich doch durchgespielt hatten, wurde Tonis Kopfballtreffer zum vermeintlichen 2:1 zurecht wegen Offside aberkannt (62.).
Italiens Abwehr kaum zu knacken
Trotz ihrer Überlegenheit brachte die «Equipe tricolore» die italienische Verteidigung nur selten in Verlegenheit. An der vom vom überragenden Abwehrchef Cannavaro angeführten Defensive prallten die Franzosen Mal um Mal ab, obwohl auf den Aussenbahnen Malouda und Franck Ribéry die Aussenverteidiger Gianluca Zambrotta und Fabio Grosso wiederholt mit ihrer Schnelligkeit überforderten. Allerdings fanden auch auf der anderen Seite die Italiener kaum Mittel gegen Frankreichs Rekord-Internationalen Thuram und William Gallas. Es war symptomatisch, dass Italien nach einer sogenannten Standardsituation zum Treffer kam.
Im letzten Spiel seiner Karriere zeigte Zidane nicht nur mit seinem spektakulär verwandelten Penalty sein grosses Können. Immer wieder sorgte der Südfranzose magrebinischer Provenienz mit seinen Geniestreichen für Highlights in der nach dem Ausgleich zuweilen sehr zerfahrenen Partie. Der 34-Jährige beendete sein 108. Länderspiel auch nicht vorzeitig, als er sich nach einem Zweikampf mit Cannavaro an der Schulter verletzte. Erst in der Verlängerung zeigte Zidane seine hässliche Fratze, als er Materazzi einen üblen Kopfstoss gegen die Brust versetzte und von Schiedsrichter Horacio Elizondo zurecht die Rote Karte sah.
Italien - Frankreich 1:1 (1:1, 1:1) n.V. - Italien 5:3-Sieger im Penaltyschiessen
Olympiastadion, Berlin. -- 69 000 Zuschauer (ausverkauft). -- SR Elizondo (Arg). -- Tore: 7. Zidane (Foulpenalty) 1:0. 19. Materazzi 1:1. -- Penaltyschiessen: Pirlo 1:0, Wiltord 1:1; Materazzi 2:1, Trezeguet 2:1 (Latte); De Rossi 3:1, Abidal 3:2; Del Piero 4:2, Sagnol 4:3; Grosso 5:3.
Italien: Buffon; Zambrotta, Cannavaro, Materazzi, Grosso; Camoranesi (86. Del Piero), Gattuso, Pirlo, Perrotta (61. Iaquinta); Totti (61. De Rossi); Toni. Frankreich: Barthez; Sagnol, Thuram, Gallas, Abidal; Vieira (57. Diarra), Makelele; Ribéry (100. Trezeguet), Zidane, Malouda; Henry (107. Wiltord).
Bemerkungen: Italien ohne Nesta (verletzt), Frankreich ohne Saha (gesperrt). 36. Lattenkopfball von Toni. 56. Vieira verletzt ausgeschieden (Oberschenkel). 62. Tor von Toni aberkannt (Offside). 110. Rote Karte gegen Zidane (Tätlichkeit gegen Materazzi). Verwarnungen: 5. Zambrotta (Foul). 12. Sagnol (Foul), 76. Diarra (Foul), 111. Malouda (Reklamieren).