Leichtathletik: EM-Kandidaten unter den Erwartungen Sonntag, 7. Juli 2002 / 17:31 Uhr
Colombier - Das erwartete Aufbäumen der EM-Kandidaten für München blieb
an den Schweizer Leichtatheltik-Meisterschaften in Colombier aus.
Peter Philipp (1500 m) und Marcel Schelbert (400 m Hürden)
scheiterten auf den letzten Metern.
Marcel Schelbert.
Für Philipp opferten Gian-Marco Meier und Philippe Bandi ihre
Medaillenchancen. Sie lancierten für den Churer ein perfektes
Rennen. Eine 58er-Runde auf den letzten 400 m hätte dem 30-jährigen
WM-Halbfinalisten von Edmonton genügt, doch 40 m vor dem Ziel brach
der Bündner ein. 3:40,24 zeigten die Uhren an, 1,24 Sekunden zu
viel.
Philipp, der am 1. Juni ausserhalb eines
Qualifikationswettkampfes in Cottbus (De) die Vorgabe unterboten
hatte und auf gutem Weg schien, seine persönliche Bestzeit von
3:35,87 zu unterbieten, fiel ausgerechnet während der
entscheidenden Phase in ein Tief. «Die Gründe kenne ich nicht»,
meinte Philipp. Möglicherweise habe ihm wegen des nicht ganz
optimalen Wintertrainings in den entscheidenden Momenten die
Substanz gefehlt. 2001 in Lausanne war Philipp an der Athletissima
ebenfalls schlecht gelaufen und hatte nach dem Höhentrainingslager
in St. Moritz an den Titelkämpfen in Edmonton überzeugt. Gleichwohl
geht er nicht von der Zugehörigkeit zum EM-Kader aus.
Schelberts Rätsel
Mit 50,25 Sekunden über 400 m Hürden verbesserte der frühere
WM-Bronzemedaillen-Gewinner Schelbert zwar die Saisonbestzeit und
hätte womöglich auch die für München geforderten 49,90 geschafft,
hätte er nicht unmittebar vor der 7. Hürde auf den 15er-Schritt
wechseln müssen. «Ich richte meine Saison nun national aus»,
erklärte der ratlose Zürcher. München wäre für ihn nur ein Thema
gewesen, wenn er die Limite im Vorbeigang erbracht hätte. Eventuell
lässt er auch das Meeting Weltklasse Zürich aus.
Im Training verspürte Schelbert jeweils ein leichtes Zwicken im
rechten Oberschenkel und der linken Wade. Er getraute sich deshalb
nicht, 100 Prozent zu belasten. Die Ärzte sind sich kaum einig über
die Ursache, weshalb Schelbert nicht recht weiss, wie es nun
weitergehen soll.
Klar unter seinem Potenzial blieb Hammerwerfer Patric Suter. Der
Zuger hatte am Dienstag mit 74,56 Schweizer Rekord erzielt und wäre
mit einem 75-m-Wurf ins EM-Kader aufgenommen worden. Mit 70,19
blieb Suter hinter Samuele Dazio bloss Rang 2. Speerwerfer Felix
Loretz gewann in bescheidenen 70,43 Silber und entlarvte seine
78,56 von Luzern als Lucky-Punch.
Um über eine Sekunde gegenüber der Vorwoche steigerte sich Anita
Brägger über 400 m. Die Urnerin blieb aber in 55,37 über zwei
Sekunden hinter ihrer persönlichen Bestzeit zurück.
Selektionssitzung am Montag
Somit zeichnet sich für die kontinentalen Titelkämpfe Anfang
August eine Fünfer-Delegation ab. Die 800-m-Spezialisten André
Bucher und Anita Brägger sowie Stabhochspringerin Petra Pechstein
erhalten eine Fristverlängerung zur Limitenerfüllung.
Möglicherweise kommen Speerwerfer Felix Loretz oder Zehnkämper Rolf
Schläfli noch als Vertreter der Disziplinen-Gruppe Wurf und
Mehrkampf in die Kränze. Die restlichen Athletinnen und Athleten
dürfen angesichts der moderaten Vorgaben des Verbandes kaum auf
Gnade hoffen. Die Selektionskommission tagt am Montagmorgen.
Bereits für München bestätigt wurden Christan Belz (Steeple),
Ivan Bitzi (110 m Hürden), Martin Stauffer (Hoch), Viktor Röthlin
(Marathon) und Nadine Rohr (Stab).
Martina Feusi (11,79) und Daniel Dubois (10,51) hiessen die
Sieger der 100-m-Rennen. «Ich bin enttäuscht. Der Titel war das
Minimalziel», sagte der 31-jährige Dubois. Nach einer erfolgreichen
Hallensaison schien eine Teilnahme in München realistisch, zumal er
vergangene Saison die geforderten 10,30 auf die Bahn gelegt hatte.
Das dritte 100-m-Gold in Serie und die siebente Sprintmedaille
insgesamt dürften ein schwacher Trost sein. Die Horgenerin Feusi
gilt als hervorragende Starterin, doch die für internationales
Nivea erforderliche Endschnelligkeit bringt sie nicht auf die Bahn.
23 Hundertstel fehlten letztlich in dieser Saison für das Ticket
nach München. 400-m-Hürdenläuferin Nathalie Zamboni blieb 33
Hundertstel über dem EM-Wert von 56,70.
Die Titelverteidigung gelang nebst Dubois unter anderen
EM-Teilnehmer Martin Stauffer im Hochsprung (2,20) mit dem 14.
Meisterschafts-Gold (Freiluft und Halle) in Serie. In den 33
Disziplinen wurden insgesamt neun Saisonbestleistungen erzielt. Der
erstmals ins Programm aufgenommene Steeple-Lauf der Frauen musste
wie schon die 10 000-m-SM in Langenthal mangels Teilnehmerinnen
abgesagt werden. (sda)
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