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Mario Cipollini setzt im Giro seinen Siegeszug fort

Freitag, 31. Mai 2002 / 19:13 Uhr

Brescia - Im Massenspurt der 18. Giro-Etappe hat Mario Cipollini (It) in Brescia seinen Siegeszug fortgesetzt. Im Gesamtklassement steht heute (Samstag) die Entscheidung an. Im Zeitfahren entscheidet der Sekundenzeiger zwischen Paolo Savoldelli (It) und Tyler Hamilton (USA).

Jeder Massenspurt hat seine eigene Geschichte. So auch diesmal. Auf dem 6-km-Rundkurs in Brescia gelang es Mario Cipollini dreimal, die einen Kilometer lange Steigung hinauf zum Schloss mit den Besten mitzuhalten. Und am Schluss spurtete er nicht vom Hinterrad seines Edelhelfers Giovanni Lombardi aus, sondern aus zweiter Position hinter dem einer anderen Sportgruppe angehörenden Alessandro Petacchi. Mit einer halben Radlänge Vorsprung setzte sich «Super-Mario» trotzdem durch.

Nummer 39

Im 14. Jahr seiner Profi-Karriere müssen bei Cipollini weiterhin die Zahlen sprechen. Mit dem Erfolg in Brescia hat er eine frühere Bestleistung egalisiert; vor fünf Jahren feierte er im Giro fünf Etappensiege. Diese Marke stellte er gestern ein, nachdem der Italiener schon in Münster (De, 1. Etappe), Esch-sur-Alzette (Lux, 4.), Caserta (9.) und Conegliano (15.) den Siegerstrauss erhalten hatte.

Das Total an Giro-Etappenerfolgen beträgt für Cipollini nun 39. Zwei Siege fehlen noch, um Alfredo Bindas Rekordmarke (41) einzustellen, aber dies bleibt ein Fall für das nächste Jahr. Und in Cipollinis Siegerliste für die ganze Profi-Laufbahn muss neu die Zahl 176 eingesetzt werden.

Wie ein Krimi

Selbst der Krimi-Autor Alfred Hitchcock hätte das Szenario nicht besser verfassen können. Nach beinahe drei Wochen Dauer und über 3000 km fällt die Entscheidung um den Gesamtsieg im heutigen Zeitfahren über 43,9 km von Cambiago nach Monticello Brianza. Danach steht am Sonntag nur noch die Triumphfahrt ans Endziel Mailand bevor, auf der traditionsgemäss ein Leader nicht mehr angegriffen wird und nur noch der Schlussspurt zählt.

Die Entscheidung um den Gesamtsieg wird zwischen dem Leader Paolo Savoldelli und dem Dritten Tyler Hamilton fallen. Und es gibt einen Dritten im Bunde, einen Aussenseiter: den an 2. Stelle liegenden Pietro Caucchioli, der seine Aussichten allerdings selbst minimiert: «In Numana habe ich das beste Zeitfahren meiner Karriere bestritten. Ich führe dies auf die Steigung gleich zu Beginn zurück. Danach konnte ich meine Kadenz beibehalten. Aber mir geht die Kraft ab, um grosse Übersetzungen in Schwung zu halten.»

Genau diese Fähigkeit wird auf einer beinahe völlig flachen Strecke gefragt sein. Als zweites Kriterium kommt die körperliche Frische nach beinahe drei Wochen Einsatz hinzu. So scheint alles auf ein Duell zwischen Savoldelli und Hamilton hinauszulaufen. In der Gesamtwertung weist der Amerikaner 1:28 Minuten Rückstand auf. Bei der ersten grossen Prüfung gegen die Uhr in Numana war er auf 30,3 km um 1:38 Minuten schneller als Savoldelli. Das Spiel ist also völlig offen.

«In der Vergangenheit habe ich schon ausgezeichnete Zeitfahren bestritten, aber auch solche, die mir völlig missglückt sind», hielt Savoldelli fest, der beim Prolog in Groningen (Ho) immerhin den 3. Platz belegt hatte und der in Numana 14. geworden war. Vor drei Jahren war Savoldelli in Treviso über 45 km mit nur 17 Sekunden Rückstand auf Sergej Gontschar (Ukr) Zweiter geworden. Damals waren die Voraussetzungen in zweifacher Hinsicht unterschiedlich. Die Prüfung der Wahrheit fand nicht am Schluss der Rundfahrt statt, und Savoldelli trug damals nicht die Maglia rosa, was sowohl Ansporn, aber auch zu grossen Druck bedeuten kann.

Vor dem Giro-Auftakt hätten sie ausgerechnet, dass vor diesem Zeitfahren anderthalb Minuten Rückstand noch aufgeholt werden könnten, stellte Bjarne Riis fest, der sportliche Leiter von Tyler Hamilton. So werden möglicherweise wenige Sekunden Unterschied über den Gesamtsieg im Giro dieses Jahres entscheiden.
(Toni Nötzli /sda)