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McCains gefährlicher Steinwurf

Donnerstag, 31. Juli 2008 / 11:30 Uhr
aktualisiert: 18:45 Uhr

Mitten in der Hitze des Sommers scheint sich nun auch der US-Wahlkampf aufzuheizen. Und sollte man gehofft haben, dass dieser weniger gehässig und abs ...

Mitten in der Hitze des Sommers scheint sich nun auch der US-Wahlkampf aufzuheizen. Und sollte man gehofft haben, dass dieser weniger gehässig und abstossend als der Letzte sein würde sieht sich bereits enttäuscht.

Ausgerechnet John McCains Stab lancierte eine ziemlich gehässige Kampagne gegen Barack Obama. In Online-Videos wird der demokratische Kandidat auf eine Stufe mit Britney Spears und Paris Hilton gestellt und als hohle Celebrity-Nuss präsentiert, die blöde deutsche Fans begeistert - eine Art politisches Äquivalent zu David Hasselhof.

Diese Art von Negativ-Kampagne hat vor vier Jahren – mit den selben Leuten im Hintergrund – bereits George W. Bush erfolgreich angewandt, als er gegen John Kerry Wahlkampf führte. Doch die Ausgangslage ist nun fundamental unterschiedlich. Zum einen tritt kein amtierender Präsident gegen einen ziemlich unbekannten Demokraten mehr an, sondern es sind zwei neue Bewerber, die sich um das Amt streiten.

Zum anderen steht in der demokratischen Ecke nicht mehr der steife, immer sehr verkrampft wirkende John Kerry, dessen Anblick Assoziationen zu Herman Munster heraufbeschwor, sondern ein redegewandter, dynamischer Charismatiker. Einer, der die neuen Medien sehr gut beherrscht, seine grosse Stärke gerade dort hat. Die Basis-Bewegung, mit welcher er seinen Vorwahlkampf via Internet finanzierte, steht immer noch und er weiss um seine Stärke auf diesem Gebiet.

John McCain auf der anderen Seite ist einer, der stolz von sich behauptet (wie auch manche anderen Politiker), dass sie Internet und E-Mail nicht beherrschten. Es ist also anzunehmen, dass McCain die von seinem Wahlkampfteam gemachten Spots gar nie auf einem Computer gesehen hat, sondern sie womöglich auf einer Videokassette bekam, um sie zu Hause mit dem Magnavox-VHS-Recorder auf seinem alten Zenith Fernseher (wer in den 80ern in einem US-Hotel zu Gast war, weiss, was der Autor meint) zu schauen.

Es wäre nicht erstaunlich, wenn schon bald ein solches Video irgendwo auf YouTube auftauchen und McCain so auf die Schippe nehmen würde. Denn ein anderer Vorwurf, der Obama in den Videos von McCain gemacht wird, ist, dass er «out of touch» mit der Realität sei, also irgendwo in einer Fantasiewelt schwebe, neben der Wirklichkeit stehe.

Doch gerade McCain zeigt im Bezug auf die Wirklichkeit einige Schwächen. In einer Zeit, in der Cyber-Terrorismus, -Spionage und -Kriminalität zu einer immer grösseren Bedrohung werden, wo Länder wie China ganze Hacker-Armeen auf den Westen ansetzen und ein Zusammenbruch der IT-Infrastruktur Milliarden Dollars und Millionen Leben kosten könnte, wäre es vielleicht nicht schlecht, wenn der Präsident der USA wenigstens eine rudimentäre Ahnung davon hätte, worum es dabei geht.

Wenn McCain den Wahlkampf nun mit eine Negativ-Kampagne lanciert, riskiert er einiges. Er ist der, der den ersten Stein wirft und er ist keineswegs so Unangreifbar, dass er damit nicht eine Lawine auslösen könnte, die ihn am Ende selbst begraben würde.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)


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