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Medien orten Cameron hinter Druck-Aktion auf «Guardian»

Mittwoch, 21. August 2013 / 15:44 Uhr

London - Die britische Regierung ist übereinstimmenden Medienberichten zufolge für den Einsatz gegen die Tageszeitung «The Guardian» verantwortlich. Das Blatt sah sich veranlasst, tausende Snowden-Dokumente zu vernichten.

David Cameron soll hinter der Vandalismus-Aktion der Snowden-Dokumente stehen.

Nach Informationen des Senders BBC und zweier weiterer Tageszeitungen soll ein Spitzenbeamter und enger Vertrauter von Premierminister David Cameron persönlich «Guardian»-Chefredaktor Alan Rusbridger zur Zerstörung tausender Dokumente aufgefordert haben, die aus den Händen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden stammten.

«Wir werden keine Einzelfälle kommentieren, aber wenn hochsensible Informationen unsicher aufbewahrt würden, müsste die Regierung ihrer Pflicht nachkommen und diese sicherstellen», sagte ein Regierungssprecher der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch.

Nach Berichten der BBC sowie der Zeitungen «The Independent» und «Daily Mail» hatte sich Camerons Kabinettschef Jeremy Heywood in die Datenaffäre eingeschaltet. Er ist Grossbritanniens ranghöchster Regierungsberater und sitzt am Kabinettstisch direkt neben Cameron.

«Keine Drohung»

Nach Einschätzung der Medien war Cameron über die Intervention im Bilde. Regierungskreise bestätigten den Kontakt. Es habe sich jedoch nicht um eine Drohung gehandelt.

Rusbridger war nach eigenen Worten vor zwei Monaten «von einem sehr hohen Regierungsbeamten» kontaktiert worden, «der die Ansichten des Premierministers vertritt». Bei zwei Folgetreffen habe dieser ihn aufgefordert, «das gesamte Material, mit dem wir arbeiten, zurückzugeben oder zu zerstören».

Der «Guardian» berichtet seit Wochen über geheime Überwachungsprogramme des britischen Geheimdienstes GCHQ und seines US-Pendants NSA und beruft sich dabei auf Informationen, die Snowden der Zeitung zugespielt hatte. Laut Rusbridger beaufsichtigten dann zwei GCHQ-Experten persönlich «die Zerstörung von Festplatten» im Keller des «Guardian»-Gebäudes. In- und ausserhalb der Medienwelt machte sich daraufhin Empörung breit.

Auch das neunstündige Verhör des Lebenspartners von «Guardian»-Journalist Glenn Greenwald, der die Enthüllungsoffensive der Zeitung koordiniert, machte weltweit Schlagzeilen. David Miranda sagte der BBC, er sei am Sonntag von den britischen Sicherheitsbeamten zur Herausgabe seiner Handy- und Computer-Passwörter genötigt worden.

«Es gibt kaum etwas Persönlicheres als ein Handy», sagte Miranda. «Sie können mein Facebook-Konto einsehen, meine E-Mails, alle meine Fotos und Freunde.» Er könne dieses Gefühl kaum beschreiben, sagte Miranda. «Ich stehe nackt vor einer Menschenmenge.»

(dap/sda)


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