Michael von Grünigen 7. im Slalom von Aspen Sonntag, 25. November 2001 / 22:10 Uhr aktualisiert: 26. November 2001 / 07:35 Uhr
Aspen - Die Slalom-Saison hat mit einer der grössten Sensationen der Ski-Geschichte begonnen. Ivica Kostelic gewann in Aspen, Colorado (USA), mit der Startnummer 64 das erste von zwei Rennen
und bescherte Kroatien den ersten Sieg im Männer-Weltcup. Michael von Grünigen (7.) und Marco Casanova (12.) sorgten für Schweizer Lichtblicke.
Fiel im alpinen Skirennsport der Name Kostelic, war natürlich
immer die Rede von Janica Kostelic, der zur Zeit verletzten Gesamt-
und Slalom-Weltcupsiegerin. Dass ihr Bruder bislang kein Thema war,
erstaunt aufgrund dessen bisheriger Leistungen nicht; als
Bestergebnisse hatten die Ränge 21, 23 und 24 hinhalten müssen.
Von 7 auf 1
Die Basis für seinen Coup hatte Ivica Kostelic im ersten Lauf
gelegt, in dem er auf den 7. Zwischenrang vorgestossen war. Wer
erwartet hätte, der Sensationsmann liesse sich ob dieses Efforts
aus der Ruhe bringen, wurde eines Besseren belehrt. Der Kroate, der
am Freitag seinen 22. Geburtstag gefeiert hatte, stürmte mit
Laufbestzeit ganz an die Spitze vor.
Ivica Kostelic hat sich nicht nur in den Geschichts-, sondern
auch in den Rekordbüchern verewigt, denn mit der Nummer 64 war
zuvor noch nie, weder bei den Männern noch bei den Frauen, ein
Weltcup-Slalom gewonnen worden. Bisherige Bestmarke war die «47»,
mit der Mario Matt in der vorletzten Saison in Kitzbühel gesiegt
hatte. Gewinner mit höheren Startnummern hatte es überhaupt erst
zweimal gegeben: Im Dezember 1993 hatten der Liechtensteiner Markus
Foser (Abfahrt Val Gardena) und die Slowenin Katja Koren (Super-G
in Flachau) innert weniger Tage mit der «66» triumphiert.
Neben Kostelic verblasste sogar der ebenfalls nicht erwartete 2.
Rang des Italieners Giorgio Rocca, der im vergangenen Winter nie
über Platz 17 hinaus gekommen war und dessen Bestleistung bisher
der 3. Rang im Januar 1999 in Kitzbühel war.
Nach dem ersten Lauf hatte sich noch ein «normales Klassement»
angedeutet; Weltmeister Mario Matt führte vor Kjetil André Aamodt.
Am Ende waren aber auch der Vorarlberger (3.) und der Norweger (4.)
Kostelics Sturmlauf gewachsen. Matt und Aamodt zählten zu jenen,
die ihre Slalom-Ski auf diese Saison hin noch einmal extrem
verkürzten. Matt setzte auf ein 1,56 m langes Paar und fuhr so
gleich 20 cm «kürzer» als bei seinem Titelgewinn in St. Anton. Der
Norweger war mit 1,55 m «langen» Ski unterwegs, was gegenüber der
Vorsaison einer Differenz von 15 cm gleich kommt. Zum Vergleich:
Ivica Kostelic hatte sich für «1,64 m» entschieden.
MvG und Casanova so gut wie lange nicht mehr
Obwohl er im Slalom keine grossen Ambitionen mehr hat, fuhr
Michael von Grünigen so stark wie seit fast drei Jahren nicht mehr.
Letztmals war der Berner Oberländer im Januar 1999 in Wengen (2.)
besser klassiert. Dass es zum Auftakt so gut laufen würde, hätte
von Grünigen wohl selber nicht erwartet, «zumal ich kaum Slalom
trainiert habe. Im September und Oktober stand ich kaum auf
Slalom-Ski», sagte der Riesenslalom-Weltmeister, «einzig die
vergangenen drei Tage habe ich hier in Colorado zur unmittelbaren
Vorbereitung genutzt.» Von Grünigen war mit einem ganz neuen, 1,61
m langen Ski am Start, was gegenüber dem letzten Winter einer
Verkürzung von 7 cm entspricht. Im Sommer habe er auch 1,58 m
lange Modelle getestet. «Gut möglich, dass ich jene Ski in dieser
Saison noch einsetzen werde.»
Ebenfalls lange, seit dem 11. Rang im Nachtslalom vom März 2000
in Schladming, musste Casanova auf ein solch gutes Abschneiden
warten. Neben dem Bündner, der im zweiten Lauf acht Plätze gut
machte, vermochte von den «reinen» Schweizer Slalom-Spezialisten
keiner die Vorgabe des neuen Techniktrainers Christian Huber, die
Final-Qualifikation, zu erfüllen. Thomas Geisser (34.) und Daniel
Defago (44.) scheiterten deutlich, Hubers grösster Hoffnungsträger
Urs Imboden schied wie Didier Defago aus.
Sykoras kurzes Comeback
Vorzeitig zu Ende war das Comeback von Thomas Sykora, der
Slalom-Weltcupsieger von 1997 und 1998, nach dreieinhalb Jahren
Absenz. Für den 33-jährigen Niederösterreicher, der sich zweimal
die Patellasehne im linken Knie gerissen und während seiner
Rekonvaleszenz die «Revolution» bei den Slalom-Ski vollends
verpasst hatte, kam das Aus ebenfalls im ersten Durchgang. Für
Sykora war der Wechsel entsprechend frappant. Sein zuvor letztes
Weltcup-Rennen im März 1998 in Crans-Montana hatte er noch mit 1,95
m langen Ski bestritten, jetzt messen seine Latten noch 1,70 m.
Nicht viel weiter als Sykora kam Benjamin Raich. Der Pitztaler,
der zuletzt wegen Rückenproblemen kaum trainieren konnte, hätte die
österreichische Bilanz vielleicht etwas aufbessern können. Bei der
Zwischenzeit war er rund eine halbe Sekunde vor der Konkurrenz
gelegen.
(sda)
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