PARLAMENT
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Nationalrat hält an Mandatsverbot für Alt-Bundesräte fest

Montag, 2. Juni 2014 / 16:19 Uhr

Bern - Der Nationalrat besteht darauf, dass ehemalige Bundesräte während zwei Jahren keine bezahlten Mandate von Unternehmen mehr annehmen dürfen. Dennoch dürfte die «Lex Leuenberger» scheitern - der Ständerat wehrt sich gegen eine Regulierung.

Der Ständerat argumentiert hingegen: Anstand lasse sich nicht gesetzlich verordnen.

Die Differenzen zwischen den beiden Parlamentskammern sind gross. Der Nationalrat hiess das Mandatsverbot am Montag mit 101 zu 74 Stimmen bei 8 Enthaltungen bereits zum zweiten Mal gut, während der Ständerat in der Frühjahrssession gar nicht erst darauf eingetreten war.

Angesichts der klaren Fronten scheint eine Einigung wenig wahrscheinlich. Die Vorlage geht nun noch einmal an den Ständerat. Lehnt er die Wartefrist zum zweiten Mal ab, ist das Projekt vom Tisch.

Leuenberger als Auslöser

Die grosse Kammer will mit der so genannten Karenzfrist verhindern, dass Bundesratsmitglieder unmittelbar nach dem Rücktritt Mandate in der Privatwirtschaft annehmen. Auch sollten sie keine bezahlten Mandate von Organisationen annehmen, die finanziell vom Bund abhängig sind.

Die Vorlage ist das Resultat zweier parlamentarischer Initiativen, welche eingereicht worden sind, nachdem der ehemalige Bundesrat Moritz Leuenberger kurz nach seinem Rücktritt ein Verwaltungsratsmandat beim Baukonzern Implenia übernommen hatte. Das Verhalten löste Kopfschütteln aus und trug Leuenberger den Vorwurf ein, die Unabhängigkeit der Regierung in Frage zu stellen.

Polparteien für Beschränkung

Davon ist der Nationalrat nach wie vor überzeugt: Wie bereits im vergangenen Herbst befürworteten SVP, SP und Grüne eine Beschränkung. Sie folgten damit der Mehrheit der vorberatenden Kommission.

«Die Öffentlichkeit ist sensibler geworden in Fragen der Transparenz», sagte die Waadtländer SP-Nationalrätin Cesla Amarelle. «Wir wollen jeden Verdacht ausräumen, dass die Bundesräte in ihrer Unabhängigkeit eingeschränkt sind.»

Verschiedene Mandate könnten problematisch sein, beispielsweise ein Verwaltungsratsmandat eines ehemaligen Gesundheitsministers bei einer Krankenkasse. Hier gilt es nach Ansicht der vorberatenden Kommission aus staatspolitischen Gründen gesetzlich klare Schranken zu setzen.

Die Befürworter einer Regulierung gaben zu bedenken, es gehe um die Glaubwürdigkeit staatlicher Institutionen. Mit einer Regulierung würden Bundesratsmitglieder im Grunde geschützt - vor Interessenskonflikten während und nach der Amtszeit.

Kritik aus der Mitte

CVP, FDP, GLP und BDP wollen den Bundesratsmitgliedern hingegen keine Auflagen machen für die Zeit nach dem Rücktritt. Für die meisten Regierungsmitglieder sei eine Einschränkung auch gar nicht nötig.

«Der Bundesrat hat nach dem Fall Leuenberger gehandelt und einen Verhaltenskodex verabschiedet», sagte Isabelle Moret (FDP/VD). Von ehemaligen Bundesräten sei zu erwarten, dass sie beurteilen könnten, welche Mandate problematisch seien und welche nicht.

Zudem sei die nun vorgeschlagene Gesetzesvorlage lückenhaft, gaben die Gegner zu bedenken. «Wir wissen nicht, wer kontrolliert und welche Sanktionen in Frage kommen», sagte Marco Romano (CVP/TI).

Bundesrat verweist auf geltenden Kodex

Auch eine Mehrheit des Ständerats hatte in der Debatte Anfang März argumentiert, dass der Verhaltenskodex genüge, den der Bundesrat in der Zwischenzeit geschaffen hat. Anstand lasse sich nicht gesetzlich verordnen, lautete der Tenor in der kleinen Kammer.

Der Bundesrat selbst hatte sich gegen Beschränkungen gestellt. Mit der Abgabe des Amtes ende die berufliche Unvereinbarkeit, argumentierte er. Regeln könnten negative Auswirkungen auf die Bereitschaft jüngerer Personen haben, sich für die Aufgabe einer Bundesrätin oder eines Bundesrates zur Verfügung zu stellen.

(fest/sda)


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