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Nicht alle Nationalräte stimmen nach dem Parteibuch

Freitag, 3. November 2000 / 12:29 Uhr

Freiburg - Welches ist der linkeste Rechte, welche die rechteste Linke im Nationalrat? Diese Fragen lassen sich mit dem Parteibuch allein nicht beantworten. Die Bewertung (Rating) des Stimmverhaltens gibt mehr Aufschluss. Fazit: Die Linke ist homogener.

Mit einem der Ökonomie entlehnten Rating haben Bruno Jeitziner, Privatdozent an der Uni Freiburg, und der Wirtschaftsinformatiker Tobias Hohl die Stimmabgabe von Nationalrätinnen und Nationalräten bei 40 ausgewählten Abstimmungen während des ersten Jahres der laufenden Legislatur bewertet. Sie verwendeten dabei eine Links- Rechts-Skala, die von -10 bis +10 reicht.

Die «Neue Zürcher Zeitung» publizierte am Freiag eine Zusammenfassung der Ergebnisse. Dabei zeigt sich eine Häufung von Werten an den beiden Extremen des politischen Spektrums.

Linke Linke...,

Sehr geschlossen liegen die Fraktionen der SP und der Grünen auf der linken Seite: Bei der SP erhielten 36 Fraktionsmitglieder den Wert -10. Weitere 10 erhielten 9,8 und 5 liegen zwischen 9,5 und 9,0. Nach dieser Untersuchung ist der Waadtländer Jean-Jaques Schwaab mit einem Rating von -8 der «rechteste» SP-Nationalrat.

Auf der rechten Seite, bei der SVP, zeigt sich ein heterogeneres Bild: Die Skala reicht von +10 bis +1. Zu den ganz Rechten gehören die Zürcher Christoph Blocher, Ulrich Schlüer oder Christoph Mörgeli, insgesamt 10 der 43 Fraktionsmitglieder. Der rechteste Berner, Simon Schenk, liegt wie Fraktionschef Walter Frey (ZH) bei 9,1.

...rechte und linke Rechte...

Die SVP-Fraktion zählt aber auch einige «Linke», also nahe der politischen Mitte angesiedelte Mitglieder. Die Zürcherin Lisbeth Fehr kommt auf 5,5. Der Aargauer Ulrich Siegrist - bis zu seiner Absage als möglicher Ogi-Nachfolger im Gespräch - wurde mit 3, seine Bündner Kollegin Brigitte Gadient gar mit 1 bewertet.

Die FDP deckt ein relativ breites Spektrum der politischen Positionen ab. Der Schaffhauser Gerold Bührer, ein möglicher Nachfolger von Parteipräsident Franz Steinegger (UR), wird mit 9,4 bewertet. Steinegger selbst liegt bei 6,4. Pointiert links werden Marc Suter (BE) mit Rating 0, John Dupraz (GE) mit -0,6 und Lili Nabholz (ZH) mit -1,7 bewertet.

...und Rechte in der Mitte

Bei der CVP-Fraktion reicht die Ratingskala von +5,2 (Arthur Loepfe/AI) bis -7,2 (Odilo Schmid/VS). Genau in der Mitte liegen mit Rating 0 Elvira Bader (SO) und Walter Decurtins (GR).

Die Auswertung der Wissenschaftler stützt sich auf 40 Abstimmungen unter Namensaufruf. In sieben Fällen wurden Gesamt- oder Schlussabstimmungen herangezogen. Die Zahl erfasster Abstimmungen variiert aber für die Ratsmitglieder entsprechend ihrer Präsenz beträchtlich. Wegen Rücktritten umfasst die Liste nur 196 Ratsmitglieder.
(sda)