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Prag anerkennt moralische Verantwortung der Vertreibung

Sonntag, 29. Juni 2003 / 17:20 Uhr

Wien/Prag - Tschechien hat sich offiziell zu seiner moralischen Verantwortung für die Vertreibung von etwa drei Millionen Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt.

Tschechiens Regierungschef Vladimir Spidla bedauert was geschehen ist.

Wir bringen unser Bedauern zum Ausdruck, dass diese Ereignisse und Taten geschehen sind, sagte Regierungschef Vladimir Spidla bei einer Veranstaltung im österreichischen Kloster Göttweig.

Tschechische Diplomaten sprachen von einem weiteren Versöhnungsschritt. Erst vor wenigen Tagen hatte sich Prag von der Vertreibung mit den Worten distanziert, die Taten seien aus heutiger Sicht unannehmbar.

Auch wegen hinderlicher Forderungen sei in Tschechien eine tiefere Selbstreflexion der dunklen Seiten der eigenen Vergangenheit bisher gebremst worden, sagte Spidla.

Die sozialliberale Regierung in Prag unterstütze aber alles, was zu deren Erkennung und Überwindung führt, versprach der Sozialdemokrat.

Er versicherte, dass aus den umstrittenen Benes-Dekreten und einem Amnestiegesetz von 1946 keine neuen Rechtsverhältnisse erwachsen könnten. Aus juristischer Sicht handelt es sich, wie auch die Ergebnisse der im vorigen Jahr erarbeiteten unabhängigen Analysen bestätigen, um eine abgeschlossene Sache, betonte der 52-Jährige.

In Anwesenheit des österreichischen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel sagte Spidla, die Deutsch-Tschechische Aussöhnungserklärung von 1997 betreffe auch Österreich.

Die Tschechoslowakei hatte nach dem Zweiten Weltkrieg als Reaktion auf die nationalsozialistische Besetzung des Landes etwa drei Millionen Sudetendeutsche entrechtet und vertrieben. Die damaligen Ereignisse hatten wiederholt das Verhältnis Tschechiens zu Deutschland und zu Österreich belastet.

(pt/sda)