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Rad: Jetzt hat Gilberto Simoni freie Bahn

Donnerstag, 29. Mai 2003 / 20:19 Uhr

Nach einer dramatischen Bergetappe im Piemont hat Gilberto Simoni im Giro d'Italia freie Bahn zu seinem zweiten Gesamtsieg. Der Gesamterste baute seinen Vorsprung auf über 7 Minuten aus. Etappensieger in Pontechianale wurde Dario Frigo (It).

Gilberto Simoni. (Bild: Archiv)

"Ich sage erst am Sonntag in Mailand, dass ich diesen Giro gewonnen habe", erklärte Gilberto Simoni im Ziel. Diese Vorsicht ehrt den Trentiner. Aber angesichts seiner mehr als sieben Minuten Reserve kann der Trentiner der heutigen Bergankunft in Cascate del Toce in der Nähe der Schweizer Grenze und auch dem abschliessenden Zeitfahren vom Sonntag in Mailand in Ruhe entgegensehen. Mit Simoni setzt sich in dieser Rundfahrt der stärkste Kletterer und der regelmässigste Fahrer durch.

57 km Steigung und annähernd 4000 Höhenmeter hatten die Fahrer im Verlaufe des 18. Teilstückes zu bewältigen. Am Colle d´Esichie, mit 2366 m Meereshöhe der höchste Übergang dieser Rundfahrt, versuchte der Gesamtzweite Stefano Garzelli vergeblich, den Leader Gilberto Simoni herauszufordern. Am zweiten Pass, dem Colle Sampeyre, wendete sich das Geschehen. Simoni hielt das Tempo hoch, Garzelli geriet ins Hintertreffen.

Kampf um 2. Gesamtrang

Auf der vom Hagel weissen und rutschigen Strasse auf der Passhöhe lag Garzelli nur 40 Sekunden zurück. Etwa in der Hälfte der 14 km langen Abfahrt kam es zum Sturz des Gesamtzweiten zusammen mit Marco Pantani. Garzelli konnte die Fahrt bald einmal fortsetzen, der zum wiederholten Mal vom Pech verfolgte Pantani blieb zuerst einmal im Gras sitzen, um sich zu vergewissern, dass er sich keine schwerwiegenden Verletzungen zugezogen hatte. Schliesslich schwang sich auch "il pirata" wieder aufs Rennvelo und traf mit einer Viertelstunde Rückstand im Ziel ein.

Nach seinem Sturz wusste Garzelli genau, dass diese Rundfahrt für ihn verloren war. Für den in Stabio TI wohnhaften Varesiner ging es lediglich noch darum, seinen 2. Gesamtrang gegen Jaroslaw Popowitsch zu retten, was ihm um bescheidene elf Sekunden gelang. Und dies auch nur deshalb, weil der 23 Jahre alte Ukrainer, dem eine grosse Zukunft vorausgesagt wird, auf den letzten Kilometern noch erheblich Zeit einbüsste, weil er sich zu wenig verpflegt hatte. Hätte Popowitsch seine Kräfte besser eingeteilt und sich taktisch geschickter verhalten, hätte der U23-Weltmeister von Lissabon 2001 mit dem Etappensieg in seinem zweiten Profijahr seinen bedeutendsten Erfolg feiern können.

Frigo im Aufwind

Beinahe zwei Jahre, nachdem er von den Verantwortlichen seiner damaligen Sportgruppe aus dem Giro nach Hause geschickt worden war, weil sich unerlaubte Substanzen in seinem Gepäck befanden, kehrte Dario Frigo in der Italien-Rundfahrt wieder zum Erfolg zurück. Mit dem Regen und der frischen Temperatur fand der Blondschopf genau jene Verhältnisse vor, die ihm zusagen. Im Final hinterliess Frigo jedenfalls den frischeren Eindruck als Gilberto Simoni, der auf den letzten Kilometern als Einziger bei ihm geblieben war.

"Ich war einem Hungerast nahe und habe gelitten", hielt der Gesamterste fest, der Frigo in der Auseinandersetzung um den Etappensieg keine Gegenwehr entgegensetzte. In seiner derzeitigen Verfassung wäre Frigo ein ernsthafter Kandidat auf den Gesamtsieg. Wegen Kniebeschwerden nach einem Sturz in der Tour de Romandie hatte er sich nicht mehr richtig vorbereiten können.

Petacchi nach Kontrollschluss

In dieser dramatischen Etappe mit vielen Positionswechseln erreichten nur 85 Fahrer das Ziel innerhalb des Kontrollschlusses von 36 Minuten. Als 132. und Letzter mit 50:45 Minuten Rückstand wurde Alessandro Petacchi klassiert, der noch am Mittwoch im Massenspurt in Pavia seinen sechsten Etappensieg gefeiert hatte. Er kann seine Serie nicht fortsetzen. Zusammen mit 34 Berufskollegen musste er die Heimreise antreten. Zwölf Fahrer, die den Kontrollschluss nur knapp veprasst hatten, wurden von der Jury im Rennen belassen.

Wegen Magenbeschwerden gab Francesco Casagrande den Giro auf. Der Italiener stand vor zwei Jahren vor dem Gesamtsieg, bestand damals aber im Zeitfahren des zweitletzten Tages nicht und musste sich hinter Garzelli mit dem 2. Schlussrang begnügen.

von Toni Nötzli, Pontechianale

Resultate

17. Etappe, Salice Terme - Asti (117 km): 1. Alessandro Petacchi (It) 2:39:47 (43,934 km/h), 20 Sekunden Bonifikation. 2. Jan Svorada (Tsch), 12 Sek. Bon. 3. Giovanni Lombardi (It), 8 Sek. Bon. 4. Angelo Furlan (It). 5. Werner Riebenbauer (Ö). 6. Jimmy Casper (Fr). 8. Giuseppe Palumbo (It). 9. Robert Förster (De). 10. Andrus Aug (Est).

11. Fabiano Fontanelli (It). 12. Paolo Lanfranchi (It). 13. Magnus Backstedt (Sd). 14. Dario Pieri (It). 15. Costantin Zaballa (Sp). 16. Wladimir Duma (Ukr). 17. Daniele Pietropolli (It). 18. Lorenzo Bernucci (It). 19. Bernhard Eisel (Ö). 20. Graziano Gasparre (It).

Ferner: 24. Aitor Gonzalez (Sp). 31. Stefano Garzelli (It). 34. Gilberto Simoni (It). 40. Jaroslaw Popowitsch (Ukr). 55. Steve Zampieri (Sz). 58. Dario Frigo (It). 61. Francesco Casagrande (It). 66. Marco Pantani (It), alle gleiche Zeit. -- 138 klassiert.

18. Etappe, Vicoforte - Valle Varaita/Pontechianale (174 km): 1. Frigo 5:23:43 (32,250 km/h), 20 Sekunden Bonifikation. 2. Simoni 0:10, 12 Sek. Bon. 3. Georg Totschnig (Ö) 2:38, 8 Sek. Bon. 4. Popowitsch 3:12. 5. Raimondas Rumsas (Lit) 4:01. 6. Andrea Noé (It), gleiche Zeit. 7. Franco Pellizotti (It) 4:04. 8. Garzelli 5:08. 9. Sergej Gontschar (Ukr). 10. Sandy Casar (Fr), beide gleiche Zeit.

11. Eddy Mazzoleni (It) 5:29. 12. Lanfranchi 5:37. 13. Dariusz Baranowski (Pol) 6:59. 14. Wladimir Belli (It). 15. Adolfo Garcia (Sp), beide gleiche Zeit. 16. Gianni Faresin (It) 7:43. 17. Marius Sabaliauskas (Lit) 9:01. 18. Alessandro Spezialetti (It) 9:36. 19. Michele Scarponi (It) 11:54. 20. Costantino Zaballa (Sp) 12:23.

Ferner: 23. Pantani 15:59. 26. Zampieri 16:03. 53. Aitor Gonzalez 26:50. -- 85 Fahrer innerhalb des Kontrollschlusses im Ziel. 35 Fahrer nach Hause geschickt (u.a. Alessandro Petacchi/It), 12 wegen nur knapper Überschreitung der Limite im Rennen belassen. 6 Fahrer aufgegeben (u.a. Francesco Casagrande/It, Kurt Asle Arvesen/No).

Gesamtklassement: 1. Simoni 79:24:54. 2. Garzelli 7:08. 3. Popowitsch 7:19. 4. Noé 9:19. 5. Totschnig 9:29. 6. Rumsas 10:14. 7. Frigo 12:27. 8. Pellizotti 13:48. 9. Gontschar 14:48. 10. Belli 19:36.

11. Baranowski 20:51. 12. Mazzoleni 21:30. 13. Casar 25:44. 14. Pantani 26:12. 15. Scarponi 26:19. 16. Codol 28:47. 17. Faresin 30:37. 18. Garcia 32:20. 19. Lanfranchi 41:40. 20. Aitor Gonzalez 42:24. Ferner: 35. Zampieri 1:00:29.(bert/sda)