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Schlussbericht: Libyen warnt die Schweiz

Freitag, 26. Dezember 2008 / 15:20 Uhr
aktualisiert: 19:15 Uhr

Tripolis - Libyen verlangt von der Schweiz, dass sie die Schlussfolgerungen einer Untersuchung über die Festnahme des Gaddafi-Sohnes in Genf akzeptiert. Ansonsten will Tripolis die Sanktionen gegen die Schweiz verschärfen.

Gemäss libyschen Aussagen habe die Genfer Polizei ihre «Macht missbraucht». (Symbolbild)

Eine paritätisch besetzte Juristen-Kommission hatte den Vorfall untersucht und soll Empfehlungen zu Handen von Tripolis und Bern vorlegen. Nach Angaben eines Sprechers des libyschen Aussenministeriums vom Freitag hat das ad-hoc-Gremium seine Abklärungen über die Festnahme von Hannibal Gaddafi und dessen Frau Aline mittlerweile abgeschlossen.

Das Verhältnis zwischen Bern und Tripolis ist seit vergangenem Sommer angespannt, nachdem das Ehepaar am 15. Juli in Genf festgenommen worden war. Zwei Hausangestellte hatten sie wegen Misshandlung angezeigt, später aber ihre Anzeige zurückgezogen. Hannibal ist der Sohn des Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi.

Fakten liegen auf dem Tisch

«Die Fakten liegen nun auf dem Tisch, sie belegen einen klaren Machtmissbrauch und eine Verletzung der Vorschriften durch die Genfer Polizei», sagte der Sprecher des libyschen Aussenministeriums gemäss der Nachrichtenagentur Reuters.

Nun versuche die Schweizer Vertretung in der Kommission den Schlussbericht zu schönen, um das Gesicht der Schweizer Behörden zu wahren. «Unsere Geduld hat aber Grenzen», sagte Chefdiplomat Abdelatti Labidi gemäss Reuters.

Die Experten haben sich nach Angaben des für die libysche Regierung tätigen Genfer Anwaltes Charles Poncet um eine Lösung zur Beilegung des Streits bemüht. Die Kommission bestehe aus zwei Juristen, unter ihnen der Schweizer Lucius Caflisch, ehemaliger Richter am Europäischen Menschengerichtshof.

Letzter Swiss-Flug gestrichen

Libyen hat bereits früher mit verschiedenen Restriktionen auf die Verhaftung von Hannibal Gaddafi reagiert. So können Schweizer Unternehmen im nordafrikanischen Staat nicht mehr normal tätig sein. Zudem dürfen zwei Schweizer Staatsangehörige das Land nicht verlassen.

Am Dienstag wurde zudem der letzte Swiss-Flug zwischen der Schweiz und Libyen gestrichen. Das libysche Regime hatte zudem gedroht, die Schweiz nicht mehr mit Erdöl zu beliefern und ihre Bankguthaben in der Höhe von mehreren Milliarden Franken in der Schweiz zurückzuziehen.

In der jüngsten Erklärung des Ministeriums werden jedoch keine Einzelheiten über allfällige neue Repressalien gegenüber der Schweiz genannt.

Tripolis verlangt von Bern eine Entschuldigung für die Verhaftung von Hannibal Gaddafi. Zudem sollen die für die Verhaftung verantwortlichen Beamten vor Gericht gestellt und das Ehepaar entschädigt werden. Die Schweiz geht davon aus, dass die Genfer Behörden innerhalb des rechtsstaatlichen Rahmens agiert haben und das Verfahren eingestellt worden sei.

EDA: Verhandlungen werden fortgesetzt

Nach Angaben des Schweizer Aussenministeriums (EDA) sind Verhandlungen mit Libyen seit Sommer im Gange. Sie seien schwierig, würden aber fortgesetzt, sagte EDA-Sprecherin Nadine Olivieri am Freitagabend auf Anfrage.

Der Bericht und die Struktur der Gespräche, einschliesslich der Zusammensetzung der Kommission, seien vertraulich gewesen. Da Libyen nun an die Öffentlichkeit getreten sei, werde das EDA zu geeigneter Zeit informieren.

(fest/sda)


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