WINTERSPORT
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Sensationeller erster Weltcupsieg für Lilian Kummer

Freitag, 28. Dezember 2001 / 14:19 Uhr
aktualisiert: 29. Dezember 2001 / 00:14 Uhr

Lienz - Die Schweizer Technikerinnen haben eine neue Siegfahrerin. Lilian Kummer gewann in Lienz sensationell den Riesenslalom, kam zu ihrem ersten Weltcup-Erfolg und sprang gleichzeitig für Sonja Nef in die Bresche, die schon im ersten Lauf ausgeschieden war.

Lilian Kummer gewann beim Riesenslalom in Lienz ihr erstes Weltcuprennen.

«Ich kann es noch nicht richtig glauben», sagte Lilian Kummer unmittelbar nach ihrem Triumph, «denn ich hatte das Gefühl, Fehler über Fehler begangen zu haben.» Die Reaktion der 26-Jährigen von der Riederalp war verständlich, zumal sie bei ihren bisherigen Auftritten in dieser Saison mit den Rängen 32 (Sölden), 29 (Copper Mountain) und 26 (Val d'Isère) deutlich hinter den Erwartungen zurück geblieben war. Bereits die Vorbereitungen auf den Olympia- Winter hatten sich für Lilian Kummer schlecht angelassen. Im September hatte sie nach einer im Training in Zermatt erlittenen Innenbandzerrung rund vier Wochen pausieren müssen.

Und nun dies: Mit Startnummer 22 fuhr Lilian Kummer im ersten Lauf die zweitbeste Zeit -- und fand sich in einer Situation wieder, die sie noch nicht gewohnt war, denn bisher galt sie als «Frau der zweiten Läufe». Im vergangenen Winter hatte sie im Finale gleich dreimal, am Semmering, in Cortina und im WM-Riesenslalom in St. Anton, Bestzeiten realisiert. In Cortina hatte ihr dies ihre bisher beste Klassierung im Weltcup, den 5. Rang, eingebracht, in St. Anton war sie vom 15. auf den 4. Platz vorgestossen.

Die Lehren von Val d'Isère

Der gestrige zweite Zwischenrang habe sie allerdings nicht nervös werden lassen, sagte Lilian Kummer. «Ich wusste, dass ich erneut angreifen werde.» Die aggressive Fahrweise hatte ihren Ursprung in ihrem Abschneiden in Val d'Isère. «Da bin ich zwar sauber und ohne Fehler, doch viel zu verhalten gefahren.» Auf dieses Übel wurde sie nicht nur von ihren Trainern, sondern auch von Gregor Furrer, dem Chef von Völkl Schweiz, aufmerksam gemacht.

Ihren ersten grossen Sieg verdankt Lilian Kummer aber auch ihren fast perfekten Fahrten im untersten Teil der beiden Durchgänge in Lienz. Im ersten Lauf nahm sie dort der Norwegerin Andrine Flemmen über vier Zehntel ab und verkleinerte die bis zur Zwischenzeit eingehandelte Differenz um rund die Hälfte. Im zweiten wandelte sie die zwei Hundertstel Rückstand auf die zweitplatzierte Karen Putzer in drei Hundertstel Vorsprung um.

Hinter Karen Putzer, die nach ihrem überraschenden Super-G-Sieg von letzter Woche in St. Moritz in dieser Saison auch im «Riesen» erstmals aufs Podest stieg, sicherten sich die Schwedinnen Ylva Nowen und Anja Pärson gemeinsam Platz 3. Während Ylva Nowen ein weiteres Mal ihre Vorliebe für Lienz bestätigte, wo sie vor vier Jahren zwei Slaloms gewonnen hatte, scheint Anja Pärson den Tritt auch in ihrer zweiten Disziplin wieder gefunden zu haben. Im letzten Riesenslalom in Val d'Isère war die Slalom-Weltmeisterin hinter Sonja Nef Zweite geworden. Andrine Flemmen, die in Copper Mountain zu ihrem zweiten Weltcup-Sieg gekommen war, vermochte dagegen ihre gute Ausgangslage nicht zu nutzen; im Schlussklassement fand sie sich auf dem 16. Platz wieder.

Nicht besser erging es Corinne Rey-Bellet, die vom 11. auf den 21. Rang zurückfiel und sich damit gegenüber den bisherigen Riesenslaloms nur unwesentlich zu steigern vermochte. Das primäre Ziel, die Qualifikation für den zweiten Lauf, erfüllten ein weiteres Mal Fränzi Aufdenblatten (24.) und die mit Nummer 60 gestartete Marlies Oester (27.).

Sonja Nef fuhr zu direkt

Sie sei zu direkt gefahren, berichtete Sonja Nef, die vor fast zwei Jahren, im Januar 2000 im zweiten Lauf in Cortina, letztmals in einem Riesenslalom ausgefallen war. «Ich habe die Stelle unterschätzt. Der Ausfall ärgert mich zwar, zumal ich während der Weihnachtspause in Österreich ausgezeichnet trainiert habe und heute erneut einiges dringelegen wäre. Doch es gibt Schlimmeres auf dieser Welt.»

Besagte Passage im oberen Streckenteil wurde nicht nur Sonja Nef zum Verhängnis. Mit der Kanadierin Allison Forsyth, der Spanierin Maria José Rienda Contreras, der Finnin Tanja Poutiainen und der Österreicherin Alexandra Meissnitzer schieden dort fünf weitere Fahrerinnen aus der ersten Startgruppe aus. Zu den «Geschädigten» zählte auch Michaela Dorfmeister (49.); die Niederösterreicherin stand bei jenem Tor praktisch still.

Weltcup-Riesenslalom der Frauen in Lienz.
Schlussklassement:

 1. Lilian Kummer               Sz    Völkl       2:12,06 
 2. Karen Putzer                It    Rossignol   2:12,09   0,03 
 3. Anja Pärson                 Sd    Salomon     2:12,14   0,08 
    Ylva Nowen                  Sd    Salomon     2:12,14   0,08 
 5. Stina Hofgard Nilsen        No    Rossignol   2:12,48   0,42 
 6. Birgit Heeb-Batliner        Lie   Nordica     2:12,55   0,49 
 7. Tanja Schneider             Ö     Völkl       2:12,64   0,58 
 8. Silvia Berger               Ö     Völkl       2:12,71   0,65 
 9. Carole Montillet            Fr    Rossignol   2:12,75   0,69 
10. Anna Ottosson               Sd    Dynastar    2:12,81   0,75 
 

11. Janette Hargin (Sd), Rossignol, 0,82 zurück. 12. Nicole Gius (It), Rossignol, 0,83. 13. Eveline Rohregger (Ö), Nordica, 0,92. 14. Alenka Dovzan (Sln), Rossignol, 0,98. 15. Christel Pascal- Saioni (Fr), Salomon, 1,13.

16. Andrine Flemmen (No), Rossignol, 1,14. 17. Kirsten Clark (USA), Fischer, 1,17. 18. Sarah Schleper (USA), Rossignol, 1,38. 19. Ana Galindo Santolaria (Sp), Rossignol, 1,42. 20. Maddalena Planatscher (It), Völkl, 1,47. 21. Corinne Rey-Bellet (Sz), Salomon, 1,48. 22. Janica Kostelic (Kro), Salomon, 1,53. 23. Martina Ertl (De), Atomic, 1,59. 24. Fränzi Aufdenblatten (Sz), Salomon, 1,62. 25. Barbara Kleon (It), Dynastar, 1,66. 26. Spela Pretnar (Sln), Rossignol, 1,69. 27. Marlies Oester (Sz), Nordica, 1,87. 28. Kristina Koznick (USA), Völkl, 1,94. 29. Renate Götschl (Ö), Salomon, 2,15. 30. Brigitte Obermoser (Ö), Blizzard, 2,32.
(sk/sda)