Spitzenpolitiker der Partei wollen Neuanfang ohne Schäuble Mittwoch, 16. Februar 2000 / 08:47 Uhr aktualisiert: 18:04 Uhr
Berlin - Spitzenpolitiker der deutschen CDU haben am Mittwochmorgen den Rücktritt von Partei- und Fraktionschef Wolfgang
Schäuble von beiden Ämtern vorhergesagt. CDU-Vize Volker Rühe sagte
in der ARD: «Es wird diesen Neuanfang in beiden Ämtern geben.»
Schäuble sei ja schon vor vier Wochen fast zurückgetreten. Er
klebe nicht an seinen Ämtern. Auch Thüringens Ministerpräsident
Bernhard Vogel (CDU) sagte im Deutschlandfunk, der Rücktritt
zeichne sich nach der Krisensitzung der Unionsfraktionsspitze ab,
die bis in den frühen Morgen dauerte.
Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Hermann Kues sagte
in der ARD, Schäuble werde heute vor die Presse treten. Schäuble
war am Dienstag offen aus den Reihen der CDU in Schleswig-Holstein
zum Rücktritt als Fraktionschef aufgefordert worden. In dem
Bundesland sind am 27. Februar Regionalwahlen.
Auch die CDU-Regionalgruppe von Nordrhein-Westfalen, wo im Mai
ein neuer Landtag (Regionalparlament) gewählt wird, soll einstimmig
Schäubles Rücktritt verlangt haben.
Geissler: tragische Entscheidung für Schäuble
Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geissler sprach im Fernsehen von
einer «bitteren und tragischen» Entscheidung für Schäuble. Der CDU-
Partei- und Unions-Fraktionschef sei zur Disposition gestellt
worden, obwohl er keine Schwarzen Konten eingerichtet habe.
Schäuble habe versucht, die Affäre aufzuklären. Die Fraktion
habe nun «einen Akt der Führung übernommen». Schäuble habe sich
aber auch selbst zur Disposition gestellt.
Als Nachfolger für den Fraktionsvorsitz sind der Vizechef
Friedrich Merz und der Parlamentarische Geschäftsführer der
Fraktion, Hans-Peter Repnik, im Gespräch. Die Neuwahlen wären
regulär erst im Mai fällig gewesen.
Schäuble wegen Schreiber-Spende unter Druck
Schäuble steht seit Wochen in der CDU-Finanzaffäre unter
erheblichem Druck. Entgegen früheren Aussagen hatte er einräumen
müssen, dass er vom umstrittenen Waffenhändler Karlheinz Schreiber
eine Spende in Höhe von 100 000 Mark bekommen hatte. Diese wurde
anschliessend nicht korrekt in der CDU-Buchführung registriert.
Über die genauen Details der Spenden-Entgegennahme entbrannte
anschliessend ein heftiger Streit mit der früheren CDU-
Schatzmeisterin Brigitte Baumeister, in dem beide Politiker ihre
Version mit eidesstattlichen Versicherungen bekräftigten.
(klei/sda)
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