DAVIS CUP
Anzeige
Tennis: Davis-Cup-Final in Bern bleibt ein Traum

Sonntag, 21. September 2003 / 16:35 Uhr

Der Traum vom Davis-Cup-Final 2003 in Bern ist nach dem 2:3 des Schweizer Teams in Australien ausgeträumt. Lleyton Hewitt rang Roger Federer nach einer beeindruckenden Aufholjagd in fünf Sätzen nieder und entschied die Begegnung vorzeitig.

Marc Rosset tröstet seinen besten Spieler nach der Niederlage gegen Lleyton Hewitt.

Nach dem letzten Einzel, das Michel Kratochvil und der für Mark Philippoussis nominierte Todd Woodbridge nicht mehr sonderlich ernst nahmen und in dem der Australier nach einem Satz "aufgab", verabschiedete sich Roger Federer zusammen mit seinen Kollegen von den rund 300 Schweizer Supportern, die das Team während der drei Tage in der Rod-Laver-Arena unterstützt hatten.

Der Baselbieter wirkte nach seinem dritten Auftritt bereits wieder gefasst, obwohl er innerhalb von 24 Stunden zwei frustrierende Fünfsatz-Niederlagen hatte hinnehmen müssen.

Vorerst war da der Ärger über die vergebene Chance im Doppel, das Federer zusammen mit Marc Rosset in fünf Sätzen (6:4, 6:7, 7:5, 4:6, 4:6) gegen Wayne Arthurs/Todd Woodbridge verloren hatte und in dem ein einziges Game richtungsweisend für die gesamte Partie war.

Hätten Federer und Rosset im verlorenen zweiten Umgang beim Stande von 5:5 und Service Woodbridge den 40:0-Vorsprung zum Break nutzen können, wären sie vermutlich mit einer 2:0-Satzführung in den dritten Abschnitt gegangen; die Schweiz hätte nach den ersten zwei Tagen wie vor dreieinhalb Jahren in Zürich mit 2:1 Siegen geführt.

Zwei Punkte fehlten

Für Federer kam es indes noch bitterer, denn beim 7:5, 6:2, 6:7, 5:7, 1:6 gegen Lleyton Hewitt hatte er wie der sichere Sieger ausgesehen. Bei 5:3 im dritten Satz konnte der Baselbieter zum Matchgewinn aufschlagen und war zwischenzeitlich noch zwei Punkte vom Sieg entfernt.

Hewitt schaffte aber das Rebreak und leitete damit die kaum mehr für möglich gehaltene Wende ein. Nach drei Stunden und 31 Minuten hatte der unermüdliche Fighter aus Adelaide sein Team uneinholbar 3:1 in Führung gebracht.

Hewitt machte mit seiner Parforce-Leistung nicht nur vorzeitig die 47. Finalteilnahme für Australien perfekt. Das Team erhält nun Ende November die Gelegenheit, sich schon nach zwei Jahren für die überraschende Finalniederlage gegen Frankreich zu rehabilitieren. Jenes 2:3 hatte das sportverrückte Land in ein "kollektives Trauma" gestürzt.

Dass Hewitt nach dem achten Sieg im zehnten Vergleich mit Federer von seinem bislang wichtigsten Erfolg sprach -- "das stellt sogar meine Grand-Slam-Siege im US Open und in Wimbledon in den Schatten" -- überrascht daher nicht. Der diesjährige Final findet ebenfalls in Melbourne statt.

Er habe sich nichts vorzuwerfen, sagte Federer danach. "Ich habe bis in den dritten Satz grosses Tennis gespielt." Dem war in der Tat so. Er dominierte Hewitt fast nach Belieben, ja führte ihn phasenweise -- vom 2:2 im zweiten Satz bis zur 1:0-Führung im dritten überliess er Hewitt in fünf Games ganze vier Punkte -- richtiggehend vor.

"Ein solches Spiel dann noch zu verlieren tut schon sehr, sehr weh. Der Frust könnte nicht grösser sein. Zu Hause den Final spielen zu können wäre fantastisch gewesen", sagte der Wimbledon-Sieger, der sich gleichwohl als fairer Verlierer gab. "Wer nach einem 0:2-Satzrückstand noch gewinnt, hat den Sieg verdient."

Dass er drei Partien in drei Tagen zu bestreiten hatte und ihm deshalb im Finale gegen Hewitt die Kraft gefehlt habe, stellte Federer in Abrede. Mehr Mühe bereitete ihm wie schon am Australian Open der Belag im Stadion am Yarra-River. Diesmal blieb er glücklicherweise vor Adduktoren-Problemen verschont. "Es tut am ganzen Körper weh. Ich hoffe aber, für die Hallensaison fit zu sein."

Für Federer ist mit der Niederlage gegen Hewitt eine lange Zeit der Ungeschlagenheit in den Davis-Cup-Einzeln zu Ende gegangen. Letztmals hatte er im April 2001 gegen den Franzosen Nicolas Escudé den Kürzeren gezogen.

Seither hatte er zehn Partien und nicht weniger als 31 Sätze, die ersten beiden gegen Hewitt eingerechnet, für sich entschieden. Nach einem 2:0-Vorsprung hatte Federer überhaupt noch nie einen Fünfsatz-Match verloren.

An der eigenen Nase nehmen

Gleichwohl zog Federer eine positive Bilanz über das Erreichte im diesjährigen Davis Cup. Ein Superjahr nannte er es und sprach vom Stolz, nach den Siegen in Holland und Frankreich in den Halbfinal vorgestossen zu sein.

Bereits am kommenden Donnerstag werden in London die Tableaux für den Davis Cup 2004 ausgelost. Wünscht sich Roger Federer für die Zukunft nicht eine stärkere Nummer 2 im Team, um den Druck auf mehrere Schultern verteilen zu können? "Ich will nicht zu viel erwarten, doch ich wünsche mir, dass der zweite Einzelspieler das eine oder andere Spiel gewinnen wird. Jeder muss sich an der eigenen Nase nehmen, dass es in Zukunft besser wird."

Es hätte bereits in diesem Jahr noch besser sein können -- nicht nur mit etwas mehr Glück, das diesmal auf der Seite der Australier lag. (von David Bernold, Melbourne/Si)