RECHT
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Türkischer Politiker Perincek bestreitet Völkermord

Dienstag, 6. März 2007 / 13:39 Uhr
aktualisiert: 20:55 Uhr

Lausanne - Der türkische Politiker Dogu Perincek hat in Lausanne vor Gericht abgestritten, dass es 1915 im osmanischen Reich zu einem Völkermord an den Armeniern kam. Der Antirassismus-Prozess geht am Donnerstag weiter.

Dogu Perinçek leugnete den Völkermord an den Armeniern.

Bereits die Einvernahme des Präsidenten der türkischen Arbeiterpartei zeigte, um welche Frage sich der Prozess hauptsächlich dreht: Wurde an der armenischen Bevölkerung des osmanischen Reiches während des ersten Weltkriegs ein Völkermord begangen oder nicht?

Bezirksrichter Pierre-Henri Winzap deutete an, dass er im zwei Tage dauernden Prozess dieser Frage nicht auszuweichen gedenkt. Er habe schliesslich die Zeugen der Verteidigung zugelassen, erklärte er dazu.

Perincek wiederholte, was bereits zur Klage im Jahr 2005 durch die Gesellschaft Schweiz-Armenien (GSA) geführt hatte: «Ich glaube, dass es keinen Genozid am armenischen Volk gegeben hat», sagte er. Hingegen habe es gegenseitige Massaker und Gemetzel gegeben, die aber auf beiden Seiten nicht als Völkermord bezeichnet werden dürften.

Die Deportationen und Massaker als Genozid zu bezeichnen, sei eine «internationale Lüge», wiederholte er auf mehrere Fragen des Richters sowie von Anwalt Philippe Nordmann, der die Zivilklägerin vertritt.

Kontroverse über Frage, was ein Völkermord sei

Ob er an dieser Haltung festhalten würde, falls eine neutrale internationale Historikerkommission den Völkermord bejahen würde, fragte Pierre-Henri Winzap den Politiker.

Die gewundenen Sätze, mit denen Perincek der Beantwortung dieser Frage auswich, liessen darauf schliessen, dass er ein solches Urteil nicht akzeptieren würde. Seine Antworten waren so ausschweifend ausweichend und unpräzise, dass ihn der Richter dafür verwarnte.

Die anschliessende Befragung der Zeugen, darunter drei Historiker, bestätigte die Kontroverse über die Frage, was ein Völkermord sei und was nicht. Die Zeugen der Verteidigung vertraten allesamt die Ansicht, dass die Genozid-These nicht bewiesen sei.

(smw/sda)


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