HINTERGRUND
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WM als Ablenkung vom Prüfungsalltag

Freitag, 29. September 2006 / 20:56 Uhr

Marcel Fischer bestreitet die WM in Turin (30. September bis 6. Oktober) während den Abschlussprüfungen des Medizin-Studiums und ist deshalb nur im Einzelwettbewerb am Start.

Marcel Fischer ist nur im Einzelwettbewerb am Start.

Dort zählt der Olympiasieger zu den 16 Gesetzten für die K.o.-Gefechte vom Montag.

Seit 2001, als die Schweiz in Nîmes mit drei WM-Medaillen (zweimal Silber, einmal Bronze) die beste Degen-Nation der Welt war, gab es für das Team von Nationaltrainer Rolf Kalich an den Elite-Weltmeisterschaften kein Edelmetall mehr.

Fischer verpasste im Vorjahr an den WM in Leipzig eine Medaille nur knapp, als er in den Viertelfinals scheiterte; mit einem Halbfinal-Einzug hätte er damals zumindest eine der beiden bronzenen Auszeichnungen gewonnen.

Schon damals hatte sich der Wahl-Basler aufgrund seines Studiums nur mit einem minimalen Aufwand auf die Welttitelkämpfe vorbereiten können. In diesem Jahr wurde der Trainingsumfang wegen der bis zum 22. November dauernden Prüfungen noch einmal erheblich reduziert.

Das elftägige Trainingslager in Magglingen konnte der WM-Sechste des Vorjahres nur gerade zu einem kleinen Teil mitmachen. Bereits die EM Ende Juni/Anfang Juli in Izmir (Tür) hatte Fischer auslassen müssen.

In Turin muss Fischer auf die Teilnahme am Teamwettbewerb drei Tage nach dem Einzel verzichten. «Wenn ich bei den Prüfungen durchfalle, ist eine Olympia-Teilnahme 2008 in Peking so gut wie unmöglich, weil ich dann die Prüfungen 2007 (hauptsächliches Olympia-Qualifikationsjahr - Red.) wiederholen müsste. Die WM-Teilnahme im Einzel bietet mir immerhin die Gelegenheit, mich etwas abzulenken», sagt Fischer.

Top 8 im Teamwettbewerb als Vorgabe

In der arg eingeschränkten Freizeit versuchte sich Fischer in Trainingsgefechten in Basel gegen einen französischen Sparringspartner in Form zu bringen. Dass er jederzeit auch mit einem geringeren Aufwand zu Spitzenresultaten fähig ist, hat Fischer schon nach Athen und auch in diesem Jahr mit mehreren Topleistungen an Weltcup-Turnieren bewiesen. Für Nationaltrainer Kalich wäre deshalb ein erneuter Vorstoss von Fischer in den Kampf um die WM-Medaillen keine Überraschung.

Sollte Fischer die Abschlussprüfungen seines Medizin-Studiums bestehen, wird er sich im kommenden Jahr neben dem Schreiben seiner Doktorarbeit wieder intensiver dem Fechten widmen können. Die Olympia-Qualifikationsphase mit Weltcup-Turnieren (Einzel und Team) dauert vom 1. April 2007 bis 31. März 2008.

Die Weltmeisterschaften 2007 in St. Petersburg werden dreifach, die EM von Anfang Juli 2007 in Gent doppelt gewertet. Die Schweizer streben die Olympia-Qualifikation mit dem kompletten Männerdegen-Team (Top 5 in Europa am Stichtag) und zwei Einzelstarterinnen bei den Frauen (in erster Linie Top 12 in der Weltrangliste) an.

Da Fischers häufigster Trainingspartner Benjamin Steffen wegen eines Kreuzbandrisses auf die WM-Teilnahme verzichten muss, wird die Schweiz im Teamwettbewerb vom Donnerstag mit einer besseren «B-Mannschaft» antreten. Zusammen mit den Gebrüdern Michael und Fabian Kauter bilden die Elite-WM-Debütanten Valentin Marmillod und der noch bei den Junioren startberechtigte Max Heinzer die Equipe.

Das Abschneiden in Turin ist für die künftige Setzung an den Weltcup-Turnieren während der Olympia-Qualifikationsphase mitentscheidend. Nationaltrainer Kalich setzt trotz der ersatzgeschwächten Equipe ein hohes Ziel. Erstmals soll während seiner seit 1992 währenden Amtszeit ein Platz in den ersten acht erreicht werden. In der Team-Weltrangliste belegen die Schweizer derzeit exakt Position 8.

Schweizerinnen nur im Einzel

Bei den Schweizer Degenspezialistinnen wird Sophie Lamon ihr Comeback geben. Die 21-jährige Walliserin hat die Nachwehen ihrer Hüftoperation vom letzten Spätherbst überwunden.

Zweite Starterin im Einzel ist die ebenfalls aus der Sittener Fechtschule hervorgegangene Tiffany Géroudet, die im Frühjahr Nachfolgerin von Lamon als Junioren-Weltmeisterin im Degen wurde. «Géroudet hat sich bei der Elite im Weltcup beständig in den Rängen 16 bis 32 klassiert. Das wird für sie der Massstab sein», sagt Kalich. Da Diana Romagnoli als drittbeste Schweizer Degenspezialistin die WM-Selektionsvorgaben nicht erfüllte, ist kein Schweizer Frauen-Team am Start.

Turin. WM (30. September bis 7. Oktober). Schweizer Aufgebot (alles Degen):
Marcel Fischer (Basel/nur Einzel), Valentin Marmillod (Neuenburg), Fabian Kauter (Bern), Michael Kauter (Bern), Max Heinzer (Basel/nur Teamwettbewerb). -- Frauen (nur Einzel): Sophie Lamon (Sion), Tiffany Géroudet (Sion).

Schweizer Einsatztage Sonntag, 1. Oktober: Degen-Einzel Männer 1. Tag (bis Qualifikation für Runde der letzten 64) mit Fabian und Michael Kauter und Marmillod. -- Montag, 2. Oktober: Degen-Einzel Männer 2. Tag (Runde der letzten 64) mit Fischer und eventuell weiteren Schweizern. -- Degen-Einzel Frauen 1. Tag (bis Qualfikation für Runde der letzten 64) mit Lamon und Géroudet. -- Dienstag, 3. Oktober: Degen-Einzel Frauen 2. Tag (ab Runde der letzten 64) eventuell mit Lamon und Géroudet. -- Donnerstag, 5. Oktober: Degen-Teamwettbewerb Männer (mit Schweiz).

(Von Richard Stoffel/Si)


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